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ifo Konjunkturprognose: Eurokrise verzögert Aufschwung

Im vierten Quartal 2012 wird die deutsche Wirtschaft voraussichtlich schrumpfen, bevor im kommenden Jahr eine zunächst leichte Erholung einsetzt. Darauf deutet das ifo Geschäftsklima hin, das in den vergangenen Monaten den Aufschwungsbereich verlassen hat, zuletzt aber wieder spürbar gestiegen ist.

Maßgeblich für die Konjunkturschwäche ist demnach die Eurokrise. Im Jahresdurchschnitt 2013 dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt, bei einem Unsicherheitsintervall (2/3 Wahrscheinlichkeit) von -0,6 Prozent bis 2,0 Prozent, daher nur um 0,7 Prozent zunehmen. Getragen von der Binnennachfrage dürfte die Konjunktur im kommenden Jahr wieder an Fahrt gewinnen, sofern die Europäische Schuldenkrise nicht erneut eskaliert, so die ifo-Prognose. Der Beschäftigungsaufbau werde dabei aber noch nicht nennenswert in Gang kommen.

Lage der Weltwirtschaft

Die Weltkonjunktur hat sich seit der Mitte des vergangenen Jahres zunehmend abgekühlt. Dies machte sich, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß, in allen wichtigen Wirtschaftsregionen bemerkbar und ließ den Welthandel in den zurückliegenden eineinhalb Jahren kontinuierlich an Schwung verlieren.

Das Nachlassen der globalen Konjunkturdynamik seit Mitte 2011 ist vor allem auf die gewaltigen Anpassungsprozesse zurückzuführen, die sich aktuell im Euroraum vollziehen. Sowohl der Staat als auch die privaten Akteure haben begonnen, ihre Finanzen zu konsolidieren, was die Nachfrage nach Konsum- und Investitionsgütern schwer belastet. Hinzu kam, dass die Sorgen um die Solvenz von Staat und Bankensystem in den Krisenländern des Euroraums sowie das Risiko ungeordneter Austritte aus der europäischen Währungsunion weltweit Investoren, Produzenten und Konsumenten verunsicherten.

Auch in den USA waren viele private Haushalte bemüht, ihre Verschuldung auf ein tragbares Niveau zurückzufahren. Dieser Prozess dämpfte die Konsumkonjunktur. B-lastend wirkte zudem die Unsicherheit darüber, wie die Finanzpolitik zukünftig ausgerichtet sein wird. Vor allem die Gefahr drastischer Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen im Zuge einer fiskalischen Klippe zu Beginn des kommenden Jahres be-reitet seit einiger Zeit den Investoren nicht nur in den USA Sorgen.

Die weltwirtschaftliche Entwicklung hängt im Prognosezeitraum maßgeblich von der Eurokrise ab. Die vorliegende Prognose beruht auf der Annahme, dass es im Prognosezeitraum zu keiner weiteren Eskalation der Eurokrise kommt. Dies setzt voraus, dass die Krisenländer strikt am Kurs der fiskalischen Konsolidierung festhalten und die in vielen Bereichen geplanten Strukturreformen umsetzen. Es bedeutet aber auch, dass weitere Länder des Euroraums, z.B. Frankreich, die bereits beschlossenen oder zumindest anvisierten Maßnahmen zur Reduktion der öffentlichen Defizite und zur Ver-besserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit implementieren.

Ausblick für die Weltwirtschaft

Soweit sich das Basisszenario realisiert, dürfte die Weltwirtschaft im Prognosezeitraum zwar nicht in eine Rezession abgleiten. Aber nahezu alle wichtigen fortgeschrittenen Volkswirtschaften und Schwellenländer werden voraussichtlich im Winterhalbjahr 2012/13 eine konjunkturelle Schwächephase erleben. Im Verlauf des Jahres 2013 dürfte sich die weltwirtschaftliche Expansion wieder etwas beschleunigen. In vielen Schwellenländern werden dann die bereits ergriffenen oder geplanten Stimulierungsmaßnahmen für ein Anziehen der Konjunktur sorgen. Außerdem dürften die verfügbaren Einkommen in dieser Ländergruppe nach wie vor kräftig zulegen, was dem privaten Konsum zusätzliche Impulse verleihen wird.

Auch die fortgeschrittenen Volkswirtschaften werden voraussichtlich leicht steigende Zuwachsraten verzeichnen. Denn zum einen wird der kontraktive fiskalpolitische Impuls im Euroraum wohl geringer als im Jahr 2012 ausfallen. Zum anderen dürfte sich die Dynamik der Binnennachfrage in den USA – nach dem fiskalpolitischen Dämpfer zu Jahresbeginn – allmählich verstärken. Trotz allem werden aber die notwendigen Konsolidierungsbemühungen des privaten und öffentlichen Sektors in nahezu allen fortgeschrittenen Volkswirtschaften das Expansionstempo verlangsamen.

Ausblick für die Wirtschaft im Euroraum

Die Wirtschaftsleistung des Euroraums wird im Winterhalbjahr voraussichtlich sinken. Maßgeblich dafür sind die kontraktive Finanzpolitik, die schlechte Arbeitsmarktsituation, die restriktiven Finanzierungsbedingungen und die Unsicherheit über den Fortgang der Eurokrise. Die privaten Haushalte dürften angesichts der Notwendigkeit, ihre Verschuldung abzubauen, ihre Ausgaben zusätzlich einschränken. Soweit sich die Annahmen der Prognose realisieren, ist allerdings damit zu rechnen, dass es im Verlauf des kommenden Jahres zu keiner weiteren Verschlechterung der Lage kommt. In der zweiten Jahreshälfte 2013 werden sich die privaten Investitionen daher voraussichtlich etwas stabilisieren. Stützend dabei werden die weiterhin expansive Geldpolitik und die sich beschleunigenden Exporte wirken. Diese dürften spürbar von der anspringenden Konjunktur in den Schwellenländern und der leicht zunehmenden Dynamik in den USA profitieren. Daher ist zu erwarten, dass die Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts im Euroraum im Verlauf des kommenden Jahres ins Plus springt. Eine durchgreifende Erholung ist jedoch nicht in Sicht.

Alles in allem wird das Bruttoinlandsprodukt im Euroraum um 0,5 Prozent im laufenden Jahr zurückgehen, ehe es im Folgejahr um 0,2 Prozent schrumpft. Dabei dürfte die konjunkturelle Heterogenität zwischen den einzelnen Mitgliedsstaaten im Prognosezeitraum weiter zunehmen. So wird die aggregierte Produktion in den Krisenländern (mit Ausnahme von Irland) weiter schrumpfen. Stabiler aufgestellte Volkswirtschaften wie Deutschland, Finnland und Österreich werden hingegen, nach einer merklichen Schwächephase um die Jahreswende, im weiteren Verlauf des Jahres 2013 den Abschwung hinter sich lassen.

Die schwache Konjunktur dürfte die Arbeitslosenquote, bei erheblichen regionalen Un-terschieden, auf 11,4 Prozent in diesem und 12,2 Prozent im kommenden Jahr steigen lassen. Angesichts der hohen Unterbeschäftigung werden die Lohnzuwächse sehr moderat ausfallen, so dass sich die Teuerungsrate sukzessive verlangsamt. Auch werden die zurückliegenden Erhöhungen der Verbrauchssteuern nach und nach an Wirkung verlieren. Daher dürfte die Inflationsrate auf 2,5 Prozent in diesem Jahr zurückgehen, ehe sie sich im nächsten Jahr weiter auf 1,8 Prozent abschwächt.

Lage der deutschen Wirtschaft

In Deutschland hat die gesamtwirtschaftliche Produktion nach gutem Start im weiteren Verlauf des Jahres 2012 mehr und mehr an Fahrt verloren. Die anhaltende Unsicherheit im Gefolge der europäischen Schuldenkrise hat die binnenwirtschaftlichen Auf-triebskräfte spürbar gedämpft. Von allen Komponenten der inländischen Verwendung waren hiervon die Ausrüstungsinvestitionen am meisten betroffen; diese sind im Jahresverlauf trotz außerordentlich günstiger Finanzierungsbedingungen sehr kräftig ge-sunken.

Die konjunkturelle Tempoverlangsamung hat sich inzwischen auf dem Arbeitsmarkt niedergeschlagen. Die Zahl der Erwerbstätigen ist zuletzt nicht mehr gestiegen, während die Arbeitszeit sogar deutlich gesunken ist. Offenbar gelingt es den Unternehmen bisher, die verringerte Arbeitsnachfrage durch die Reduktion von Überstunden und den Abbau von Guthaben auf Arbeitszeitkonten abzufedern. Dass die Arbeitslosigkeit bereits seit dem Frühjahr zunimmt, ist primär auf eine Reduktion der aktiven Arbeitsmarktpolitik zurückzuführen.

Ausblick für die deutsche Wirtschaft

Im Jahresendquartal 2012 dürfte die gesamtwirtschaftliche Produktion um 0,3 Prozent sinken. Mit einem Abgleiten in eine ausgewachsene Rezession ist aber aus heutiger Sicht nicht zu rechnen. So ist der ifo Geschäftsklimaindex im November zum ersten Mal seit sechs Monaten wieder leicht gestiegen, vor allem die Erwartungskomponente des Indikators hat sich spürbar verbessert. Für das erste Quartal 2013 ist mit daher einer leichten Erholung zu rechnen; das Bruttoinlandsprodukt dürfte um 0,2 Prozent zunehmen. Per Saldo wird die gesamtwirtschaftliche Produktion im Winterhalbjahr 2012/13 ungefähr stagnieren.

Im weiteren Verlauf des Jahres 2013 dürfte der Aufschwung wieder einsetzen. Sollte sich nämlich – wie im Basisszenario unterstellt – die Eurokrise nicht verschärfen, kommen die binnenwirtschaftlichen Auftriebskräfte und die zunehmende außereuropäische Nachfrage nach deutschen Exportgütern wieder zum Tragen. In der Folge dürften der private Konsum und die Ausrüstungsinvestitionen wieder merklich anziehen. Auch die Exporte werden dann wieder zunehmen. Dass vom Außenhandel dennoch per Saldo wohl kein unmittelbarer Beitrag für den Anstieg des Bruttoinlandsprodukts ausgehen wird, liegt daran, dass die Importe angesichts der lebhafteren Binnennachfrage gleich-ermaßen ausgeweitet werden dürften.

Alles in allem dürfte das reale Bruttoinlandsprodukt im Durchschnitt von 2012 den Vorjahresstand nur um 0,7 Prozent übertreffen. Im Verlauf von 2013 dürfte es dann aber um 1,4 Prozent zulegen. Aufgrund der durch das schwache Winterhalbjahr bedingten, niedrigen Ausgangsbasis errechnet sich im Jahresdurchschnitt 2013 jedoch ebenfalls nur eine Zuwachsrate von 0,7 Prozent.

Im Vergleich zur Juniprognose des ifo Instituts bedeutet dies eine deutliche Abwärtskorrektur. Sie ist darin begründet, dass die Eurokrise die deutsche Konjunktur nach aktueller Einschätzung später als erwartet aus dem Tritt bringt, und zwar im laufenden Winterhalbjahr statt im vergangenen Sommer. Der so verzögerte Aufschwung setzt nach aktuellem Prognosestand erst im Verlauf von 2013 ein.

Der Beschäftigungsaufbau wird nicht nennenswert in Gang kommen. So dürfte die Zahl der Erwerbstätigen im Jahr 2013 lediglich um 35.000 Personen über dem Vorjahresniveau liegen. Die Zahl der Arbeitslosen wird im Winterhalbjahr zunehmen, im Verlauf des kommenden Jahres aber allmählich wieder sinken. Aufgrund des hohen Ausgangsniveaus ergibt sich im Jahresdurchschnitt 2013 aber ein Anstieg um 60 000 Personen. Die Arbeitslosenquote dürfte sich leicht von 6,8 Prozent Prozent in diesem Jahr auf 6,9 % im kommenden Jahr erhöhen.

Die Inflationsrate dürfte sich im Jahr 2012 auf 2,0 Prozent belaufen, im kommenden Jahr wird sie sich auf voraussichtlich 1,6 Prozent abschwächen. Das gesamtstaatliche Budgetde-fizit dürfte in diesem Jahr auf 0,1 Prozent sinken. Für das kommende Jahr ist mit dem glei-chen Wert zu rechnen. Die staatliche Bruttoschuldenquote dürfte sich in diesem Jahr auf 81 ½ Prozent belaufen. Im Jahr 2013 wird sie voraussichtlich auf rund 80 ½ Prozent sinken.


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vg 13.12.2012