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Onlinevertrieb von Neuwagen: Risiken und Chancen

Das Internet ist innerhalb weniger Jahre zum wichtigsten Vertriebsweg für Gebrauchtwagen geworden: Auf den beiden führenden Plattformen Mobile.de und Autoscout24 werden derzeit weit über zwei Millionen Pkw angeboten. Kaum ein Händler verzichtet noch auf eine eigene Website mit aktuellen Gebrauchtwagenangeboten.

Anders sieht es (noch) im Handel mit Neuwagen aus. Hier dominiert nach wie vor der traditionelle Vertrieb über den persönlichen Kontakt zwischen Käufer und markengebundenem Händler vor Ort. Dass diese Dominanz des traditionellen Neuwagenvertriebs nicht unbedingt den Wunsch der Kunden widerspiegelt, zeigt eine Befragung der Harris Interactive AG unter 507 Neuwagenkäufern.

Die Studie zeigt, dass das Internet mit Abstand das wichtigste Informationsmedium beim Neuwagenkauf ist: Während online im Durchschnitt 3,9 konkrete Themen recherchiert werden, wird der Händler zu nur 2,3 Themen konsultiert. Ein Grund neben der Unverbindlichkeit und Aufwandlosigkeit ist die Aktualität der Informationen: 44 Prozent der Befragten haben den Eindruck, online häufig aktuellere Informationen zu finden, als sie ein Verkäufer bieten kann.

Online-Neuwagenvermittler besetzen eine Marktlücke

Bei Bekanntheit und Nutzung dominieren Gebrauchtwagenbörsen, die Websites der Hersteller beziehungsweise ihrer Marken und die Onlineangebote von Automobilclubs. Aber immerhin 41 Prozent der Befragten haben bereits von Online-Neuwagenvermittlern wie MeinAuto.de oder autohaus24.de gehört, 19 Prozent haben entsprechende Online-Angebote aufgesucht, und drei Prozent wurde ihr Neuwagen über diesen Weg vermittelt.

Online-Neuwagenvermittler besetzen mit ihrem Angebot eine Lücke, die bislang kein Hersteller in Deutschland mit seinem Vertrieb geschlossen hat: die Onlineabwicklung eines Neuwagenkaufs von der freien Konfiguration eines Wunschfahrzeugs bis hin zur Bestellung. Nach Erstellung der Wunschkonfiguration auf der Website des Vermittlers werden Angebote, die in der Regel deutlich günstiger sind als die Listenpreise, von Markenhändlern eingeholt, aus denen der Interessent wählen und online bestellen kann. Somit bieten Neuwagenvermittler nicht nur einen schnellen, aufwandlosen, unverbindlichen, bundesweiten Preisüberblick für das Wunschfahrzeug, sondern unterstützen Kunden und Händler auch bei der Kaufabwicklung.

Risiko: Service und Beratung schon für 38 Prozent verzichtbar

Andere Besonderheiten des vermittelten Neuwagenkaufs scheinen laut Harris Interactive auf den ersten Blick problematischer: Eine vorherige Beratung und Probefahrt des Fahrzeugs bei dem Händler, bei dem es dann auch bestellt wird, ist kaum möglich. Allerdings finden drei Viertel der Neuwagenkunden nichts daran auszusetzen, nach Beratung und Probefahrt für ein günstigeres Angebot den Händler zu wechseln. Davon abgesehen beklagt die Hälfte der Befragten, dass es ohnehin schwierig sei, eine Probefahrt mit genau dem Wunschmodell zu erhalten, und 40 Prozent können sich sogar vorstellen, ein neues Modell zu bestellen, noch ehe die ersten Exemplare ausgeliefert worden sind.

Auch der persönliche Service und die Beratung durch den Händler vor Ort ist für immerhin 38 Prozent der Neuwagenkäufer verzichtbar, und 24 Prozent meinen, es ginge den Händlern ohnehin nicht darum, das für ihre Bedürfnisse beste Auto zu finden. Ebenfalls kein generelles Problem scheint in einer längeren Anfahrt für die Abholung des Neufahrzeugs zu bestehen: Ein Fünftel der Befragten gab an, hundert Kilometer oder mehr zurückgelegt zu haben, um ihr Neufahrzeug - überwiegend direkt ab Werk - in Empfang zu nehmen.

Mit Multichannel neue Vertriebswege nutzen

So beunruhigend diese Entwicklung aus Sicht der Markenhändler einerseits scheinen mag, so interessant sind andererseits die Chancen, die sich ihnen bieten: Zunächst einmal können sie durch Onlineangebote die Zahl potenzieller Kunden deutlich erhöhen, nicht unbedingt auf bundesweiter, so doch auf regionaler Ebene, so die Studie. Die hohe Preistransparenz erlaubt es ihnen, ihre Preisnachlässe effizienter zu gestalten, zugleich werden die teils überzogenen Rabattvorstellungen auf Kundenseite korrigiert. Der offene Umgang mit Preisnachlässen hilft zudem, langwierige und beiderseits frustrierende Preisverhandlungen zu vermeiden.

Die Studie zeigt aber anderseits auch, wie wichtig Kunden der persönliche Kontakt zu einem Autohändler vor Ort ist und welche Dienstleistungen ihm besonders wichtig sind. So spielt zum Beispiel die Möglichkeit, das Altfahrzeug direkt beim Händler in Zahlung zu geben, für viele Neuwagenkunden eine große Rolle.

Aufschlussreich ist die Studie laut Harris Interactive auch für Hersteller. In den letzten Jahren sahen sich viele Produzenten gezwungen, ihr Netz von Markenhändlern auszudünnen. Die Folge ist, dass gerade kleinere Marken kein wirklich flächendeckendes Vertriebsnetz mehr haben. Der Onlinedirektvertrieb könnte diese Lücken schließen: ein erstaunlich großer Teil der Befragten würde ihr Fahrzeug gerne direkt beim Hersteller bestellen können.

Der bloße Verzicht auf eigene Vertriebsbemühungen zum Schutz der Markenhändler erscheine somit nicht mehr zielführend. Empfehlenswert sei stattdessen ein integriertes Angebot von Hersteller und Händler vor Ort, um Neuwageninteressenten die offensichtlich gewünschte Bandbreite an Kaufmöglichkeiten zu bieten. Andernfalls werde ein Teil von ihnen (und damit auch ein Stück weit die Kontrolle über den Neuwagenvertrieb) an Neuwagenvermittler verloren gehen.

Im September 2012 wurden insgesamt 507 Mitglieder des Online-Panels der Harris Interactive AG befragt, die in den vergangenen zwei Jahren einen Neuwagen kauften und die Hauptentscheidungsträger waren. Die Online-Interviews beinhalteten neben Fragen nach Verhalten und Einstellungen beim Neuwagenkauf eine wahlbasierte Conjoint-Analyse unterschiedlicher Vertriebswege für Neuwagen.

Einen ausführlichen Ergebnisreport der Studie erhalten Sie ab Januar hier.





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vg 14.12.2012