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Einzelhandel: Im Norden Erholung, im Süden Rezession

Während sich die von der Krise stark getroffenen nordischen Länder des Baltikums, Island und Irland erholen, gehen die Einzelhandelsumsätze im Süden Europas nach wie vor zurück. Neben den Sorgenkindern Spanien, Italien, Griechenland oder Zypern überraschen die rückläufigen Entwicklungen in Kroatien, das am 1. Juli 2013 auch Mitglied der Europäischen Union wird. In Deutschland gab es zwar 2012 ein nominelles Plus von 1,9 Prozent, inflationsbereinigt jedoch ein Minus von 0,3 Prozent. Die stagnierenden Umsätze im stationären Handel haben dabei nicht nur mit einer allgemeinen Sättigung, sondern auch mit der steigenden Bedeutung des Onlinehandels zu tun. Das teilte die RegioData Research GmbH mit.

Trend: Der Norden hat sich erholt

2009 war für die meisten Händler im Baltikum ein Horrorjahr: In Lettland und Estland gingen die Einzelhandelsumsätze in Euro gerechnet sogar um ein Viertel zurück, in Irland und Island mussten nominelle Umsatzeinbußen von je mehr als acht Prozent hingenommen werden, so RegioData Research. Nach extrem mageren Jahren brachte 2012 eine deutliche Erholung und so gehören Lettland (+11,1%), Estland (+9,1%), Island (+7,7%) und Litauen (+5,5%) zu jenen Märkten mit dem stärksten Einzelhandelsplus für 2012.

Trend: Der Süden steckt noch in der Krise

In Spanien, Griechenland oder Italien drosseln die hohen Arbeitslosenzahlen, die drastischen Sparmaßnahmen sowie die allgemeine Angst um die Zukunft auch den Konsum massiv, erklärt RegioData Research. 2012 war für Italien und Griechenland sogar das vierte Jahr in Folge, in dem rückläufige Einzelhandelsumsätze registriert wurden (-0,6% bzw. -9,3%). Besorgniserregend ist auch die Situation im künftigen EU-Mitgliedsland Kroatien, aus dem sich nun Händler nach herben Umsatzverlusten zurückziehen.

Trend: D-A-CH-Region stabil, jedoch immer mehr Onlineumsätze

Nominell betrachtet wächst der deutschsprachige Raum langsam, aber stetig weiter, so RegioData Research. Auch im vergangenen Jahr wurden nominelle Steigerungen von +1,9 Prozent in Deutschland sowie von je +1,8 Prozent in Österreich und in der Schweiz registriert. Real gesehen, bedeuten jedoch diese Entwicklungen einen Rückgang beziehungsweise wachsen die Onlineanteile immer mehr.

Irland, Island und Baltikum erholen sich

Die ehemaligen Krisenländer Irland, Island und die Baltischen Staaten können wieder aufatmen. 2012 wuchsen die Einzelhandelsumsätze hier kräftig, teilte RegioData Research mit: in Litauen um mehr als fünf Prozent, in Island um nahezu acht Prozent, in Estland um neun Prozent und in Lettland sogar um elf Prozent. Lediglich in Irland fiel das Wachstum mit 0,5 Prozent etwas mager aus, jedoch ist hier bereits 2011 ein starkes Plus registriert worden.

"Die europäischen Länder gehören jedoch längst nicht mehr zu den spannendsten Einzelhandelsmärkten der Welt", sagt Wolfgang Richter, Geschäftsführer von RegioData Research. Riesen wie Brasilien, Indien oder China böten enorme Absatzmärkte und Wachstumschancen. So stieg beispielsweise der chinesische Einzelhandelsumsatz um mehr als 200 Milliarden Euro allein in einem Jahr, was in etwa so viel ausmacht wie der gesamte Einzelhandelsumsatz eines europäischen Landes – beispielsweise Italien.

Der Süden bleibt im Minus, Kroatien und Weißrussland rutschen ins Minus

Für Spanien, Griechenland, Italien oder Portugal war auch das Jahr 2012 ein sehr schwieriges. Die seit 2009 anhaltende Krise sowie die Folgen daraus – drastische Sparmaßnahmen, starker Anstieg der Arbeitslosenzahlen – wirken sich laut RegioData Research massiv auch auf den privaten Konsum und die Entwicklung der Einzelhandelsumsätze aus.

Beunruhigend im osteuropäischen Raum ist die Situation insbesondere in Kroatien und in Weiß-ussland. In Kroatien gingen die Umsätze um 0,1 Prozent zurück, was nicht weiter dramatisch wäre, würde jetzt nicht eine Zäsur in den Köpfen der Investoren stattfinden.

"Auf Grund der Nähe zum Westen und der boomenden Küstenregionen nahmen viele Investoren Kroatien als ein Land mit einem ähnlich starken Wohlstand wie im Westen wahr", erklärt Richter. "Jenseits dieser Regionen gibt es jedoch ein viel niedrigeres Einkommen, so dass Kroatiens durchschnittliche Kaufkraft nach wie vor beispielsweise nur rund ein Viertel des Deutsch-land-Niveaus erreicht." Auch im Vergleich zu Slowenien verfügen die Kroaten über deutlich weniger Kaufkraft – 50 Prozent des Slowenien-Niveaus.

Langsam dringt die Realität durch, meint RegioData Research, und viele Händler, die insbesondere im mittleren Preissegment positioniert sind, haben mit rückläufigen Umsätzen zu kämpfen. So klagt die englische Kette Marks & Spencer über Verluste in Millionenhöhe, während die italienische Parfümerie Limoni bereits acht von seinen 21 Filialen in Kroatien zusperrte. Die französische Baumarktkette Bricostore kündigte an, sich demnächst aus Kroatien zurückziehen, der Drogerie- und Parfümeriehändler Sephora verließ schon 2012 das Land.

Auch in Weißrussland macht die Hyperinflation den Händlern zu schaffen. Im vergangenen Jahr wurde hier eine neue Banknote im Wert von 200.000 Rubeln ausgegeben, die heute rund 18 Euro wert ist. Die Einzelhandelsumsätze gingen in Weißrussland um 5,8% im vergangenen Jahr zurück.
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D-A-CH-Region: Onlinehandel gewinnt an Bedeutung

Im deutschsprachigen Raum wachsen die Einzelhandelsumsätze schon seit Jahren um nur mehr ein bis zwei Prozent nominell pro Jahr. Für 2012 beläuft sich der stationäre Einzelhandelsumsatz in Deutschland auf rund 416 Milliarden Euro, in der Schweiz auf 75 Milliarden und in Österreich auf mehr als 60 Milliarden Euro. Real betrachtet, bedeutet dies laut RegioData Research eine Stagnation oder sogar einen Rückgang.

Dabei stellen insbesondere die steigenden Onlineanteile eine große Herausforderung für den stationären Einzelhandel dar. Während der Onlinehandel Chancen für neue Anbieter eröffnet, bereitet sie jenen stationären Händlern Kopfzerbrechen vor, die noch keine klare Multi-Channel-Strategie haben. Während die Onlineanteile für das laufende Jahr in Österreich neun Prozent betragen werden, werden sie in der Schweiz bereits zehn Prozent und in Deutschland mehr als elf Prozent erreicht haben. Die Tendenz ist in allen wichtigen europäischen Märkten steigend.

"Wir gehen davon aus, dass die Onlineanteile in den nächsten zehn Jahren in den deutschsprachigen Märkten rund ein Viertel der gesamten Einzelhandelsumsätze ausmachen werden", so Richter.


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vg 24.06.2013