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Studie zur Bundestagswahl: Das bedrohte Paradies

In der aktuellen Studie „Das bedrohte Paradies. Deutschland zwischen Plätscher-Party und brodelnder Unruhe“ hat das Kölner Rheingold Institut die Stimmung im Lande vor der Bundestagswahl ausgelotet. Dafür wurde eine tiefenpsychologische Studie mit 52 Probanden durch eine repräsentative Umfrage mit über 1000 Wahlberechtigen unterfüttert. Das Ergebnis: In Deutschland ist offenbar längst nicht alles „heile Welt“. Unter der Decke brodelt es, das Paradies Deutschland scheint nach Ansicht vieler Bürger bedroht, das Schreckgespenst Krise führt zu erstaunlichen Bannungsformen und besorgniserregenden Ressentiments.
Hier die Kernaussagen, wie sie das Rheingold Institut wiedergibt:

1. Der politische Aufbruch findet nicht statt: Die Sehnsucht nach der permanenten Gegenwart
Von Aufbruchsstimmung und dem Wunsch nach einem politischen Richtungswechsel ist selbst bei vielen SPD- nahen Wählern nichts zu spüren. Der Wahlkampf wird wie ein See erlebt, der still in sich ruht und in dem man allenfalls ein leises Plätschern vernimmt. Zukunftsvisionen, politische Positionen oder streitbare Themen werden von den meisten Wählern nicht artikuliert. Der Wunsch nach Stabilität und Besitzstandswahrung ist übergreifend und eint derzeit die politischen „Lager“: „Am besten alles so lassen, wie es ist“, lautet die Losung. Vor allem im Vergleich mit den europäischen Nachbarn geht es Deutschland doch gut. An diesem Zustand will man nicht rütteln. Die Risiken, die mit einem wirklichen Wandel und Aufbruch verbunden sind, werden durchweg von den Wählern gescheut.
Viele Wähler sind zwar stolz oder dankbar, dass Deutschland bislang der Krise trotzen konnte. Dennoch herrscht ein latentes Unbehagen im Land. Deutschland wird als ein bedrohtes Paradies erlebt, in dem Werte wie Gerechtigkeit langsam erodieren. Die Zukunft ist für die Wähler derzeit nicht mit verheißungsvollen Vorstellungen verbunden, sondern sie erscheint hauptsächlich als finstere Drohkulisse und Krisenszenario. Das Schreckgespenst der Krise lauert immer noch vor den Grenzen Deutschlands. Es soll daher weiterhin so lange wie möglich gebannt und in Schach gehalten werden. Der Glaube an eine bessere Zukunft, für die die Parteien streiten können, ist der diffusen Sehnsucht nach einer permanenten Gegenwart gewichen. Die Stimmung im Lande lässt sich als Plätscher-Party beschreiben: die Versorgung soll gewährleistet sein, die kleinen Freuden des Alltags sollen genossen werden. Auf die große Sause wird jedoch verzichtet: Man schaltet im Alltag auf Autopilot: alles soll seinen gewohnten Gang gehen. Denn jenseits der deutschen Plätscher-Party-Meile lauert ein Minenfeld. Es haben sich so viele ungelöste und unfassbare Probleme angestaut, dass jeder, der sich in dieses Terrain wagt, zum Scheitern verurteilt ist. Und so trauen viele Wähler der großen Politik und den großen Parteien auch nicht mehr die großen Lösungen zu. Stuttgart 21, der Berliner Flughafen, aber auch die vielen gekippten Doktorarbeiten gelten als Beleg, dass die großen Projekte nicht mehr umgesetzt werden können. So „doktert“ man nur an den kleinen Problemen rum oder richtet sich darin ein, besser gar nichts zu tun. Zitat: „Die Bevölkerung ist wie Frau Merkel, erst mal abwarten, checken, was mache ich jetzt – erst mal nichts – aussitzen wie Kohl früher auch – die hat sich angepasst, es ist auch bequemer so, es plätschert alles so dahin, es ist wenig Bewegung im Lande, aber irgendwie wird es schon weiter gehen.“

2. Viele SPD-Wähler hoffen insgeheim auf einen Fortbestand der Regierung Merkel
Viele Wähler immunisieren sich gegen die Krisengefahr, indem sie sich mehr und mehr in ihren Alltag zurückziehen, ihre privaten Interessen pflegen und sich von der undurchschaubar gewordenen Welt der Politik abkapseln. Zitat: „Man hört es im Radio, im TV; liest es in der Zeitung, man hört und liest über die Krise und die geht zum Glück an einem vorbei! Viele Leute lesen keine Zeitungen und hören keine Nachrichten mehr, die wollen die Krise verdrängen.“ Diese Teilnahmslosigkeit in Sachen Politik scheint bei vielen SPD-Wählern noch stärker ausgeprägt zu sein. Sie glauben nicht an den Wechsel. Da der Ausgang der Wahl für sie schon klar zu sein scheint, erscheint der Gang zur Urne als rein formaler Akt. Es ist auffällig, wie oft Frau Merkel in den Tiefeninterviews auch von SPD-Wählern verteidigt wird: „Sie hat trotz aller Kritiken ein Standing in der Bevölkerung, die Leute sagen „unsere Angie“, die erste Frau in der Politwelt, die erste Frau im Staat und wir leben einer Männergesellschaft – Chapeau!“ (SPD-Wähler). Wie stark die Konsolidierungswünsche sind, zeigt sich auch in der quantitativen Befragung: 28 % der SPD-Wähler und 29 % der Grünen-Wähler stimmen der Aussage zu, dass Angela Merkel Deutschland in Zukunft gut durch die Krise führen wird. Bereitwillig verharren viele SPD-Wähler in einer dumpf-wohligen Passivität. So verhindert sie am besten, die muckelige Stimmung im Lande zu stören. Mehr SPDWähler als sonst werden daher bis zum Wahltag nicht mobilisiert werden können. Ihr seelischer Konflikt, einerseits treu zur SPD zu stehen, aber andererseits weiter die Merkelsche Konstanz zu wollen, werden sie lösen, indem sie letztlich nicht zur Wahl gehen.

3. Der wehrhafte Schutzengel Angela Merkel garantiert besser als der Wackelkandidat Peer Steinbrück den stabilen Versorgungsrahmen
Kein Politiker verkörpert derzeit das Versprechen von Schutz, Konstanz und Zeitlosigkeit stärker als Angela Merkel. Ihre ruhige, verlässliche und fast stoische Haltung macht sie auch in den Augen vieler SPD-Wähler zu einem menschlichen Bollwerk oder Prellblock: Ihr gelingt es, das seit Jahren bedrohliche Krisen-Schreckgespenst in Schach zu halten. Eben nicht durch hektischen Aktivismus oder mutige Reformen, sondern durch Ruhe und Gelassenheit: „Sie ist der Fels in der Brandung und deshalb wähle ich sie.“
Dabei wird sie nicht nur als versorgende Übermutter gesehen, sondern als nationaler Schutzengel, der wie die alttestamentarischen himmlischen Heerscharen auch streitbare und furchteinflößende Züge hat. Sie kann hart und stark zuschlagen und ist in der Lage, konsequent durchzugreifen: „Die CDU lebt und fällt mit der Merkel. Sie ist so dominant, lässt andere nicht hochkommen und es traut sich kaum einer was zu sagen.“
In den Augen der Wähler gewinnt sie vor allem durch ihre Überparteilichkeit. Sie gilt als gerecht und verspricht, niemanden fallen zu lassen oder eklatant zu benachteiligen. „Sie macht keine Schnellschüsse, wiegt das Positive und Negative ab. Sie versucht, einen Kompromiss zu finden, den alle und jeder mitttragen kann.“
Die Wähler haben das Gefühl, dass sie ein zölibatäres Leben führt. Sie ist nur für die Politik und die Bürger da – persönliche Leidenschaften, Interessen oder Lieben werden dem Einsatz für das Gemeinwohl geopfert: „Sie ist authentisch, sie macht sich Sorgen um unser Land, ich frage mich, wann diese Frau überhaupt schläft.“
Peer Steinbrück ist hingegen für viele Wähler schwer ausrechenbar. Während der großen Koalition stand er an der Seite von Angela Merkel für Finanzkompetenz, Verlässlichkeit und klare Standpunkte. Jetzt wirkt er wie ein Schatten seiner selbst: Unberechenbar, von parteitaktischen Zwängen gegängelt, täppisch und egoistisch: „Ein Trampeltier im Porzellanladen und er ändert dauernd seine Meinung, er war früher in der SPD ein bisschen rechts und jetzt ist er bei der SPD ganz links – wie kann man seine Meinung so ändern?“
In den Augen der Wähler lässt er keine stringente Vision oder Richtung erkennen. In seiner Unberechenbarkeit verspricht er den Wählern, keine Konsolidierung, sondern riskante Alleingänge mit ungewissem Ausgang. Dadurch bedroht er die deutsche Plätscher-Party-Stimmung: „Das ist ein arroganter Vogel, so der Typ Aufsichtsrat. Dem fehlt das Mütterliche einer Merkel. Der hat keine Nähe zum Volk.“ „Der Steinbrück plustert sich auf, doch bei der Flut, da war er nicht dabei.“ So trauen nur 66 % der SPD- und 55 % der Grünen- Wähler Steinbrück zu, dass er Deutschland besser regieren kann als die Kanzlerin.
Vor allem die Diskussion über das Kanzlergehalt hat seinem Image geschadet. Bei den Wählern wurde das Bild vermittelt, das seine politische Motivation nicht primär wie bei Angela Merkel von ideellen Motiven – der Liebe zu Deutschland und den Menschen – getragen ist: „Der denkt mehr an sich und sein Geld als an das Wohl des Volkes.“ Man sieht in Steinbrück nicht den potentiellen Kanzler, der Gemeinsamkeiten schafft und die Regierung führt. Er wirkt eher wie ein einsamer Selbstoptimierer auf verlorenen Posten: „Der hat ja noch nicht mal die eigenen Parteigenossen hinter sich.“

4. Der Wunsch nach einem „gerechten Deutschland“ – wachsende Ressentiments unter der Oberfläche
Der Wunsch, das bedrohte Paradies Deutschland aufrechtzuerhalten, eint derzeit die politischen Lager. Parteiübergreifend geben 81 % der Wähler an, dass soziale Gerechtigkeit das primäre Ziel der Bundesregierung sein sollte. Und 78 % der Wähler stimmen der Aussage zu, dass Deutschland in Europa stärker seine eigenen Interessen wahren sollte. Und umgekehrt stimmen nur 37 % der Wähler der Aussage zu, dass sich Deutschland in Zukunft stärker in die europäische Gemeinschaft integrieren sollte. Es gibt allerdings große Unterschiede in den Vorstellungen der Wähler, wie der paradiesische Zustand langfristig erhalten werden kann und welches Bild Deutschland in Zukunft abgeben soll.
Im linken Lager der Probanden gelten Solidarität, soziales Engagement, Fairness und Chancen-Gleichheit als Kernwerte eines Landes, das „guten Gewissens“ mit sich im Reinen ist. Auch hier ist man stolz darauf, dass Deutschland bislang der Krise trotzen konnte und möchte weiterhin Stabilität. Allerdings will man dabei nicht in einen unsozialen Kapitalismus verfallen und demonstriert dabei eine größere Bereitschaft, auch all die zu fördern, denen es im Lande nicht so gut geht.
Die Kernwerte des rechten Probanden-Lagers sind „deutsche Werte“ wie Ordnung und Fleiß, Autonomie und ein Leistungsprinzip, das vor allem die Fleißigen belohnt. Das rechte Lager ist im Hinblick auf die Zukunft des Landes viel kämpferischer. Offen und gebetsmühlenartig werden Selbstzufriedenheit und Stolz auf das bisher Erreichte gezeigt: „Uns geht es gut. Wir haben es geschafft, dass wir – im Gegensatz zu anderen Ländern – von der Krise verschont geblieben sind.“ „Und das soll auch so bleiben!“ Der Staat soll nicht alles regulieren, sondern Freiraum lassen für Eigenverantwortung und Selbstoptimierung.
Es gibt aber auch eine wachsende Gruppierung, die bereit ist, das Paradies Deutschland aktiv zu schützen. Der Status quo soll gegen all die verteidigt werden, die die eigene Moral nicht teilen. In den Interviews oder Gruppendiskussionen wehren sie sich gegen die vermeintlichen „Denkverbote und Tabus in der offiziellen Politik“. Mit Leidenschaft und Vehemenz zeigen sie auf, durch welche Menschen und Machenschaften sie „das kränkelnde System Deutschland“ von innen und außen bedroht sehen. In einer Aggressivität, die in den letzten 25 Jahren in Rheingold-Studien noch nicht beobachtet wurde, wird angeprangert, dass „das eigene Geld im Süden versickert“, dass „Zuwanderer“ und „soziale Randgruppen“ „Geld von Vater Staat geschenkt bekommen“. Man grenzt sich pauschal von den „Harzern oder Sozialschmarotzern im eigenen Land“ ab, die nicht bereit sind, selber zu arbeiten. „Die Linken wollen ständig soziale Projekte finanzieren. Aber irgendwann ist das ganze Geld weg, wir werden es noch erleben und bei meiner Tochter wird dann gar nichts mehr da sein.“
Die Zunahme von Ressentiments ist psychologisch verstehbar vor dem Hintergrund der Ohnmachtsgefühle, die viele Menschen verstärkt seit der Krise erleben. Sie sehen sich konfrontiert mit einer abstrakten und globalen Gefahr, die weder fassbar, weder wahrnehmbar noch durch eigene Kraft abwendbar erscheint. „Bei diesen globalen Wirtschaftskrisen blickt doch keiner mehr durch, da sind selbst die Politiker und die Banken machtlos.“
Die Angst vor der eigenen Ohnmacht beschwört die Sehnsucht nach eigener Tatkraft und der verlorenen Gewissheit, Herr im eigenen Haus zu sein. Aber diese Gewissheit erreicht man nur, wenn man die unsichtbare Gefahr verlagert – sie verdinglicht oder vermenschlicht. So schafft man sich einen konkreten Feind, den man wahrnehmen, angreifen oder ausgrenzen kann. Denn das Land scheint jetzt nicht mehr von abstrakten und globalen Finanztransaktionen bedroht, sondern durch konkrete Machenschaften im unmittelbaren Lebensumfeld, gegen die man direkt angehen kann.
„Zuwanderer, die in unser Land kommen, die wissen, wo das Geld liegt und ziehen es uns aus den Taschen.“ Die auffällige Zunahme von Ressentiments zeigt die Untiefen, die sich derzeit in einem Land und in einem Wahlkampf zeigen, in dem vordergründig betrachtet gilt: „still ruht der See.“ Die Aufbruch- und Kampfstimmung, die im Wahlkampf vermisst wird, tobt sich in den Stammtischen und Freundeskreisen im Einsatz für eine gerechtere Republik aus. Und sie führt bei einigen Wählern zu einer Sehnsucht nach einer „deutschen Partei“ wie der „Alternative für Deutschland“ AFD, zu der man sich offen bekennen kann: „Rechts klingt ja so doof und ich finde es schade, dass man gleich als Nazi bezeichnet wird, aber wir brauchen eine Partei, die sich die konservativen, deutschen Werte auf die Flagge schreibt und auch die deutschen Interessen vertritt, das fehlt komplett, aber die Chance ist da.“ Die „Rückbesinnung auf die DM, auf deutsche Wurzeln und Tugenden“ wie Fleiß, Genauigkeit, Vertrauen und Gemeinschaft; ein „unabhängiges Deutschland“, das „regionaler denkt“ und seine eigenen Interessen stärker vertritt und sich auch über strengere Einwanderungsgesetze stärker vom Rest der Welt abschottet, sind die Kernwerte dieser bislang unterschätzten Gruppierung.

5. Die FDP wird über 5 % kommen, weil sie im Windschatten der CDU den Verteilungskampf und das Leistungsprinzip legitimert
Die FDP führt in den Augen der Wähler derzeit ein Windschattendasein. Sie hat keine herausragenden und profilierten Persönlichkeiten in ihren Reihen. Brüderle wird nicht mehr ernstgenommen und Philipp Rösler wird noch nicht ernstgenommen: er wirkt nicht wie ein ausgereifter Politiker, sondern wie ein „Schuljunge“. Diese Unausgereiftheit irritiert selbst viele Wähler, die bei der letzten Wahl noch FDP gewählt haben. Denn die FDP war in der Vergangenheit die Partei der liberalen weisen Eminenzen, die über den beiden großen Lagern standen. Mit Gestalten wie Scheel, Genscher, Graf Lambsdorff, Baum oder auch noch Gerhardt verband man eine freigeistige Besonnenheit, die im Lande Kurskorrekturen und politische Wenden initiieren konnte.
Durch Westerwelle ist dieses liberale Prinzip durch ein halbstarkes Gebaren durchbrochen worden. In seinen Erfolgszeiten galt Westerwelle als Volkstribun, der den Fleiß der Menschen belohnt, indem er mehr Netto vom Brutto forderte. Nach seinem Rücktritt vom Parteivorsitz wurde der halbstarke Populist durch eine talentierte aber unberechenbare Boygroup – Rösler, Lindner, Bahr – ersetzt, deren interne Streitigkeiten nur notdürftig durch den „Jugendherbergsvater“ Brüderle beschwichtigt werden können.
Allerdings trauen die Wähler Angela Merkel zu, dass sie als Obermutter auch den mitunter egoistischen oder querulierenden Junior führen kann. Die FDP wollen daher insgeheim auch viele CDU-Sympathisanten an der Seite Merkels sehen. Denn die FDP artikuliert die CDU-nahen Forderungen nach einem individuellen Leistungsprinzip oder Steuererleichterungen, die von Angela Merkel nicht offen vertreten werden. „Freiheit – man kann so viel verdienen, wie man will, dafür steht die FDP.“ Der Junior bestärkt die Wähler darin, dass sie zu ihrer Gier stehen können und durchaus egoistisch sein dürfen. „Die haben so eine Gleichgültigkeit, obwohl sich deren Wahlspruch gut anhört – Arbeit muss sich lohnen!“ In der langweiligen deutschen Plätscher-Party versprechen Angela Merkels junge Leistungsstreber eine kleine Dosis Eskapismus und Selbstgenuss.

6. Die Grünen – zwischen Nachhaltigkeitsverfechtern und moralisierender Spaßbremse
Die Grünen greifen die Konsolidierungswünsche vieler Wähler auf, weil sie ein bewahrendes und die Natur konservierendes Versprechen haben. Als einzige Partei vertreten sie seit Jahrzehnten glaubwürdig und entschieden eine Idee der Nachhaltigkeit und des Maßhaltens. „Grüne stehen für Umweltbewusstsein, für saubere Energie für Nachhaltigkeit und für Chancengleichheit in der Bildungspolitik.“ Vor allem in ihrer Kernklientel genießen sie eine Art Wahlabo, weil sie versprechen, trotz eigenem Wohlstand und eigenem Konsum ein gutes (Umwelt-)Gewissen haben zu können. Sogar die vorgeschlagenen Steuerhöhungen werden von vielen Grünwählern akzeptiert, weil sie einen Art Ablasshandel im Hinblick auf die eigenen Konsumsünden darstellen: durch das persönliche Steueropfer wird den Ansprüchen der Gemeinschaft Genüge getan.
Allerdings verbreiten die Grünen derzeit weder den Elan noch die Aufbruchsstimmung ihrer Pionierjahre. In ihrer sattsamen Etabliertheit mutieren sie in den Augen vieler Wähler mehr und mehr zu einer Spaßbremse in zweifacher Hinsicht. Einerseits verderben sie die Stimmung auf der deutschen Plätscher-Party durch ihre Forderungen nach einer Steuererhöhung. „Die ziehen uns doch das Geld aus der Tasche. Die predigen Wasser und trinken selber Wein.“ Andererseits wandelt sich ihr fröhliches Maßhalten zu einem verbissenen Maßregeln. Mit Rauch- und Genussverboten, mit Tempolimits und Gemüsegeboten beleben sie deutsche Kontrollzwänge, die der menschlichen Natur zuwiderlaufen. Die Nachhaltigkeitsversprechen erhalten dadurch einen moralinsauren Beigeschmack. Das obligatorische Kreuzchen der Grünwähler wird daher mehr eine Pflichtübung als ein Liebesbeweis sein.



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tor 05.09.2013