ANZEIGE

ANZEIGE

Tourismus: Reiseintensität sinkt erstmals seit 2010

Die Unsicherheit hat die Tourismusbranche erreicht. Erstmals seit Jahren sank die Reiseintensität der Deutschen. Zu diesem Ergebnis kommt die 32. Deutsche Tourismusanalyse der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen, Hamburg. Für die Studie wurde ein repräsentativer Querschnitt der deutschen Bevölkerung – über 4.000 Personen ab 14 Jahren – in persönlichen Interviews zum eigenen Reiseverhalten befragt.  

Erklären lässt sich dieser Rückgang laut Studie insbesondere durch die wachsende Unsicherheit der Bevölkerung im Hinblick auf Urlaub. Diese wird zum einen durch die (gefühlt) wachsende Zahl von Terroranschlägen geschürt, zum anderen zeigen weitere Untersuchungsergebnisse der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen eine grundsätzlich zunehmende Zukunftsangst innerhalb der deutschen Bevölkerung.

So geben aktuell 55 Prozent der Deutschen an, eher angstvoll in die Zukunft zu blicken. Hierbei zeigen sich besonders die älteren Bundesbürger skeptisch (rund zwei Drittel). Anlass zur Sorge gibt auch die Einschätzung der Deutschen zur wirtschaftlichen Entwicklung: Vier von fünf erwarten für 2016 eine Rezession in Deutschland. Bereits jetzt zeigen sie daher eine abnehmende Konsumlust und eine noch stärkere Preissensibilität. Beides betrifft hierbei nicht mehr ausschließlich den Versorgungskonsum, sondern wirkt sich auch zunehmend auf den Erlebniskonsum aus, zu dem auch die Urlaubsreise gehört, so die Forscher.

Inlandsreisen werden beliebter

Die Gründe für den Rückgang beim Anteil der Bevölkerung, der seine Haupturlaubsreise in Deutschland verbrachte, sind laut Studie vielfältig. Für einige Bundesbürger war das wechselhafte Wetter im Sommer Grund genug, auf sonnensichere Urlaubsziele auszuweichen, andere nutzten die geringen Benzin- und Kerosinkosten, um ins Ausland zu verreisen und wiederum andere wählten deutsche Ziele eher für den Zweit- als für den Haupturlaub.

Vor allem Mecklenburg-Vorpommern profitiert von diesem Trend. Die Gründe für die steigende Beliebtheit des norddeutschen Bundeslandes sind hauptsächlich die neuere Infrastruktur, die natürlichen Gegebenheiten, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie ein hoher Stammkundenanteil, schreiben die Forscher.

Auslandsreiseziele: Spitzenreiter bauen Abstand aus

Sonne, Strand und Meer bleiben von zentraler Bedeutung für das Urlaubsglück. Krisen – wie in der Vergangenheit in Griechenland oder aktuell in der Türkei – führen zwar zu einer kurzfristigen Verschiebung von Reiseströmen, die grundsätzliche Beliebtheit und Attraktivität eines Urlaubsziels aber bleibt bestehen, heißt es in der Untersuchung. Gerade im Vergleich zu Fernreisen behalten die Urlaubsdestinationen von der Atlantikküste bis an den Bosporus und vom Mittelmeer bis zu den Schären ihre Popularität, punkten sie doch durch eine kürzere Anreise, viele Stammgäste und eine vergleichbar hohe Urlaubsqualität.

Fernreisemarkt seit zehn Jahren stabil

Die nordafrikanischen Länder Ägypten, Marokko und Tunesien waren 2015 zwar weiterhin beliebt, bleiben aber abhängig von der jeweiligen politischen Lage vor Ort, heißt es in der Studie. Politische Unruhen und vermehrt auftretende terroristische Anschläge in dieser Region erklären den doch starken Rückgang der Urlauberzahlen für das Jahr 2015. Die tatsächliche oder auch nur gefühlte Unsicherheit war von größerer Bedeutung bei der Wahl des Urlaubsziels als Sonnengarantie, Gastfreundschaft oder ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Während zudem auch Destinationen im Mittleren Osten Einbußen verzeichneten, verreisten nahezu gleichbleibend viele Deutsche nach Amerika, vor allem in die USA und nach Kanada.

Die Gewinner des Fernreisemarktes 2015 waren Reisedestinationen in Asien (von 2,3 auf 2,6 % innerhalb eines Jahres) und Mittelamerika bzw. der Karibik (von 1,6 auf 2 %). Hierbei profitierten Reiseziele in der Karibik vor allem von der Unsicherheit in den sonst sehr beliebten Fernreisedestinationen am südlichen Mittelmeer.

Erstmals steigende Reisedauer

Für die steigende Reisedauer in 2015 sind zwei Gründe hauptverantwortlich: Erstens die überdurchschnittlich hohe Anzahl von Auslandsreisen, denn mit der Reiseentfernung stieg gleichzeitig auch die Anzahl der Übernachtungen vor Ort. Zweitens scheinen viele Bundesbürger die besten Wochen des Jahres nicht noch weiter verkürzen zu wollen. Lieber sparen sie bei der Anreise oder der Unterkunft und schränken sich bei den Ausgaben im Urlaub ein, als noch weniger Zeit vor Ort zu haben.

Weiterhin Bestand hatte in der vergangenen Reisesaison die Gleichung: Je weiter – desto länger – aber auch desto seltener. So verbrachten zwar die meisten Bundesbürger ihren Urlaub in den innerdeutschen Feriengebieten, verweilten hierbei jedoch lediglich 10,6 Tage vor Ort – wobei sie an den Küsten länger blieben als im Süden der Republik. Innerhalb Europas dauerte ein Urlaub 12,7 Tage und auch hier stieg mit der Entfernung die Verweildauer (z.B. Österreich 10,1 Tage, Türkei 13,7 Tage). Fernreisen fanden zwar am seltensten statt, dauerten dafür aber mit Abstand am längsten (17,3 Tage).

Reisekosten: 88 Euro pro Tag und Person

Bei einer Analyse der Tageskosten (Gesamtkosten des Urlaubs geteilt durch die Anzahl der Urlaubstage) ist auffällig, dass ein Urlaub im Inland häufig teurer ist als die Ferien im Ausland. So geben beispielsweise Bayern-Urlauber durchschnittlich pro Tag etwas mehr aus als Türkei-Urlauber, an der Nordsee war ein Tag im Durchschnitt teurer als in Kroatien und auch im Schwarzwald zahlte man für einen Urlaub mehr als in Griechenland. Teurer als im Inland war der Urlaub hingegen im beliebtesten deutschen Auslandsreiseziel: Spanien. Dies erklärt sich zum einen durch die hohen Flugkosten auf z.B. die Kanarischen Inseln, zeigt aber zum anderen auch die grundsätzlich etwas höheren Preise in spanischen Destinationen.

Bei den totalen Kosten offenbart sich ein anderes Bild als bei den Tageskosten, da die Reisedauer variiert. So kostete eine Auslandsreise mit 1.254 Euro rund 450 Euro mehr als ein Urlaub in Deutschland (805 Euro) – dauerte aber im Schnitt auch zwei Tage länger. Wer zu denjenigen gehört, die gerne in die Ferne reisen, der musste 2015 mit über 2.000 Euro sogar zweieinhalbmal soviel ausgeben wie für einen Urlaub im Inland – allerdings dauerte der Urlaub dann auch 17 statt elf Tage.


zurück

rh 17.02.2016