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Britische und deutsche Unternehmen sehen Brexit als Gefahr

Vier von fünf Unternehmensführern in Großbritannien und Deutschland sprechen sich klar gegen ein Ausscheiden des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union aus, wie es das geplante Referendum der britischen Regierung zur Abstimmung stellen will. Dabei sagen sie als Folge eines Austritts vielfach negative Effekte für Arbeitsmärkte, Umsätze und Investitionen der eigenen Branchen und in ihren Unternehmen voraus. Die überwiegend negative Einschätzung ergibt sich dabei in beiden Ländern und unabhängig von Branchen.

79 Prozent wollen, das Vereinigte Königreich in der EU bleibt

Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung durch die britische Economist Intelligence Unit im Auftrag der deutschen Bertelsmann Stiftung. Danach wünschen sich 79 Prozent der befragten Unternehmer, Geschäftsführer und leitenden Angestellten, das Vereinigte Königreich solle in der EU verbleiben. In Deutschland liegt der Anteil mit 83 Prozent sogar noch etwas höher als im Vereinigten Königreich mit 76 Prozent. Mit über 80 Prozent sprechen sich in Großbritannien die Vertreter des verarbeitenden Gewerbes, von IT- und Technologiefirmen, des Einzelhandels und der Konsumgüterbranchen am stärksten für einen Verbleib in der EU aus.

Dieses eindeutige Ergebnis überrascht laut den Studienautoren, denn für die Befragung wurde bei einem Brexit von einem "Best Case Scenario" für die Briten ausgegangen. Danach würde das Vereinigte Königreich die EU nur als politische Einheit verlassen, wäre jedoch weiterhin Mitglied des Binnenmarktes. Das Land würde somit einen Status ähnlich dem der Schweiz oder Norwegens genießen.

Negative Effekte auch bei Teilausstieg aus der EU befürchtet

Doch auch in dieser Variante eines Teilausstiegs aus der EU befürchten die befragten Unternehmen auf beiden Seiten des Ärmelkanals bereits erhebliche nachteilige Effekte für die Wirtschaft. So sehen 42 Prozent der Befragten negative oder sogar sehr negative Effekte für den jeweiligen nationalen Arbeitsmarkt voraus; lediglich 13 Prozent glauben, ein solcher Schritt habe positive Auswirkungen auf nationale Beschäftigungsraten und die Arbeitslosigkeit. Diese Befürchtungen sind dabei in Großbritannien mit 44 Prozent etwas stärker ausgeprägt als in Deutschland mit 39 Prozent.

Negative Folgen für Umsätze, Investitionen und Beschäftigung befürchtet

Negative Effekte befürchten die Unternehmenslenker auch für die eigenen Wirtschaftsbranchen: 38 Prozent der Befragten befürchten negative Auswirkungen auf die Umsätze, 33 Prozent auf Investitionen und 34 Prozent auf die Beschäftigung. Dabei zeigen sich die Unternehmen in Großbritannien nochmals pessimistischer als in Deutschland.

Auch für die eigenen Unternehmen sehen die Befragten diese Tendenzen als reale Bedrohung. Drei Jahre nach einem Ausscheiden Großbritanniens aus der EU erwarten 36 Prozent Einbrüche bei den Umsätzen, 31 Prozent bei den Investitionen und 29 Prozent negative Folgen für die Anzahl der Beschäftigten in den eigenen Unternehmen.

Reduzierung oder Verlagerung von Kapazitäten aus Großbritannien

Am deutlichsten werden die negativen Folgen bei der Frage nach unternehmerischen Entscheidungen. So will fast jedes dritte aller befragten Unternehmen (29 %) auf beiden Seiten des Kanals entweder seine Kapazitäten in Großbritannien verringern oder von der Insel weg verlagern. Dies gilt gleichermaßen für deutsche (29 %) wie britische (28 %) Unternehmen. Am stärksten sind solche Absichten im IT-Sektor mit 41 Prozent ausgeprägt, aber auch 33 Prozent der befragten Finanzunternehmen kündigen eine Reduzierung oder Verlagerung von Kapazitäten aus Großbritannien an.

Größter Vorteil der EU-Mitgliedschaft: Gemeinsamer Binnenmarkt

Ein Hinweis auf Kompromisslinien und die Ursache manchen Unbehagens zeigt die Umfrage ebenfalls auf. Als größte Vorteile der Mitgliedschaft in der EU bezeichneten 52 Prozent der befragten Unternehmen die Mitgliedschaft im gemeinsamen Binnenmarkt und 22 Prozent den europaweiten Arbeitsmarkt. Als schwerwiegendste Probleme nannten sie komplexe Regulierungsvorschriften innerhalb der EU (34 %) und Unsicherheiten über die Zukunft des Euros (22 %).

Nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2015 würde – je nach Ausmaß der handelspolitischen Abschottung Großbritanniens – das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) je Einwohner im Jahr 2030 im Vereinigten Königreich zwischen 0,6 Prozent und drei Prozent geringer ausfallen als bei einem Verbleib in der EU.

Die Umfrage im Auftrag der Bertelsmann Stiftung wurde zwischen den Monaten November und Dezember 2015 durch die Economist Intelligence Unit durchgeführt. Von den 782 befragten Unternehmensvertretern hatten 404 (52 %) ihren Unternehmenssitz im Vereinigten Königreich, 378 (48 %) in Deutschland.


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vg 18.02.2016