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Studie: Junge Deutschen sind selbstbewusst und konservativ

Die Zeitschrift Neon hat eine Forsa-Umfrage unter 1.000 jungen Menschen zwischen 18 und 35 Jahre durchgeführt. Die Ergebnisse spiegeln die Grundstimmung einer Generation wider: Was denken sie über Karriere, Liebe, Freizeit und Politik? Wofür geben sie ihr Geld aus? Waren sie schon mal in Therapie? Die Antworten der jungen Erwachsenen überraschen und
zeigen: Die eine Stimme der "Generation Neon 2014" gibt es gar nicht. Die jungen Deutschen ticken heute alle anders. Gemein ist ihnen ein gesundes Selbstbewusstsein und ihr Wunsch nach Frieden im Privatleben und in der Politik, nachdem sie ein aufregendes, chaotisches, oft brutales Jahrzehnt durchlebt haben.

Feste Beziehung bevorzugt

Die jungen Deutschen wünschen sich feste Beziehungen und geordnete Verhältnisse. 93 Prozent finden Treue wichtig oder sehr wichtig – und geht es nach der Mehrheit, ist Fremdküssen schon Sünde. 97 Prozent können sich vorstellen, mit dem derzeitigen Partner alt zu werden, und 78 Prozent glauben an die große Liebe. Auch die meisten Singles sind nicht freiwillig allein (81 %) und wünschen sich einen Partner. Die Hälfte der Befragten schließt aber aus, im Netz oder via Smartphone nach der Liebe zu suchen. 88 Prozent wünschen sich Kinder – bei einer gleichen Befragung aus dem Jahr 2005 waren es nur 70 Prozent. Knapp die Hälfte der Befragten erhofft sich mit 40 Jahren ein Häuschen mit Garten. Zum Vergleich: 2005 wollten noch 20 Prozent in diesem Alter als Globetrotter am Strand verbringen und 19 Prozent als Single in der Großstadt.

Genussvolles Konsumverhalten

55 Prozent geben ihr Geld am liebsten für Lebensmittel aus, danach folgen Urlaub und Restaurantbesuche. Sie investieren weniger in Möbel, Kleidung und andere langlebige Dinge. Das einmalige Erlebnis scheint höher bewertet zu werden als der dauerhafte Besitz. Da wundern folgende Zahlen nicht: Fast die Hälfte der 18- bis 35-Jährigen behauptet von sich, sehr gut kochen zu können, weitere 39 Prozent kochen nach eigener Aussage immerhin mittelmäßig; die meisten übrigens nach wie vor mit Fleisch. Der Fleischverzehr ist so stark verankert, dass 47 Prozent der jungen Generation sogar behaupten, Tiere für den eigenen Verzehr selbst schlachten zu wollen, gäbe es kein Fleisch mehr im Geschäft zu kaufen. Nur fünf Prozent ernähren sich vegetarisch oder vegan.

Von wegen "Generation Komasaufen" – die Mehrheit der jungen Deutschen will einen klaren Kopf bewahren: 69 Prozent geben an, noch nie Drogen konsumiert zu haben und fast die Hälfte trinkt selten, und wenn, dann nur sehr wenig Alkohol. 67 Prozent lehnen Zigaretten ab. Neun Prozent haben dafür schon einmal stimmungsaufhellende Medikamente konsumiert.

Die junge Generation achtet auf ihren Körper

Die junge Generation ist sehr selbstkritisch, was ihren Körper angeht: 57 Prozent der Männer und 68 Prozent der Frauen finden sich zu dick. Nur 15 Prozent würden nichts an sich ändern wollen. 22 Prozent machen derzeit eine Diät. Auf Sport setzen allerdings weniger als die Hälfte der Befragten, um dem gängigen Schönheitsideal nachzueifern. Knapp ein Viertel der jungen Deutschen hat schon einmal professionelle psychologische Hilfe in Anspruch genommen, um mit sich ins Reine zu kommen. Dabei liegt der Wert im Westen (24 Prozent) deutlich höher als im Osten (10 %) und bei Frauen etwas höher als bei Männern (25 gegenüber 21 %).

Arbeitslust statt Überstundenfrust


Die Neon-Studie zeigt, dass die nächste Arbeitnehmergeneration auf Spaß und Selbstverwirklichung setzt und gleichzeitig Aufstiegschancen erwartet. Die jungen Deutschen haben einen Selbstbewusstseinsschub verpasst bekommen. Weil sie sich nicht mehr vor dem Absturz in Hartz IV fürchten, verlangen sie auch mehr im Job. Nur der Hälfte der Befragten ist dabei das Gehalt wichtig. Aber die wenigsten wollen für einen attraktiven Job auf soziale Kontakte oder Freizeit verzichten.

Medienwandel und Leben im Netz


Radio und Fernsehen haben noch nicht ausgedient. Musik wird mehrheitlich im normalen Radio und per MP3 aus der eigenen Sammlung gehört (jeweils 58 %), CDs liegen mit 31 Prozent Reichweite bereits deutlich dahinter. Videoplattformen nutzen 28 Prozent der Befragten, Internetradio 25 Prozent. Die digitalen Formate holen eindeutig auf. Beim Musikkonsum hat Streaming noch nicht die gleiche Bedeutung wie bei Filmen und Serien. Musik wird eher über YouTube als über Spotify gestreamt. Nur noch jeder Zehnte traut sich offenbar, Filme illegal herunterzuladen.

Bei einer kleineren Neon-Umfrage zum Thema Digitaler Wandel aus dem Jahr 2012 hatten noch mehr der Befragten Angst vor Überwachung durch Staat und Unternehmen (jeweils 42 %). Heute sind es trotz NSA-Affäre nur noch 33 (Staat) und 23 Prozent (Unternehmen). Und bei der Umfrage 2012 nutzte gerade mal ein Prozent der Befragten Nachrichten-Apps. Heute sind es schon 16 Prozent. Social Media ist bei den Jungen längst angekommen: WhatsApp und Facebook sind die beiden dominanten Social-Media-Angebote in Deutschland. WhatsApp wird von 73 Prozent der 18- bis 35-Jährigen genutzt, Facebook von 70 Prozent. Alle anderen Anbieter kommen nur auf einstellige Nutzerzahlen.

Politik: Kritisch, aber politisch wenig festgelegt

Die wahrgenommene Stimmung in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren zum Positiven verschoben. Laut Neon ist Deutschland einer der "großen Brummkreisel der Welt: mächtig und reich. Ein fetter Streber, der auch noch gemocht wird." Die junge Generation darf in diese satte Stabilität hineinleben. Im Jahr 2005 definierten 45 Prozent der Befragten die Schaffung von Arbeitsplätzen als wichtigstes Ziel der Politik. Heute ist das nur noch 10 Prozent wichtig. Sie haben andere politische Ziele: Fast die Hälfte der Befragten verlangt von der Politik die "Herstellung sozialer Gerechtigkeit". Der Reichtum soll fair verteilt werden.

24 Prozent finden ganz konkret, dass Friedenssicherung derzeit die erste Priorität der Politik sein sollte. Bei der Neon-Umfrage von 2005 war noch nicht einmal jeder Zehnte dieser Meinung. Knapp drei Viertel finden das derzeitige Wirtschaftssystem ungerecht. Uneinig ist man sich hingegen darüber, wie man das komplexe Problem lösen könnte – 28 Prozent fordern mehr Regulierung des Marktes, 26 Prozent weniger Regulierung. Ebenso uneinig sind sich die Befragten über ihre eigene politische Richtung. Über die Hälfte kann mit den politischen Polen "rechts" und "links" nichts mehr anfangen. Was auch daran liegen könne, dass diese Begriffe an Trennschärfe verlören, meint der Dortmunder Soziologe Paul Eisewicht. Knapp 60 Prozent der 18- bis 35-Jährigen regen sich beispielsweise über teure Bausünden wie den Berliner Flughafen auf, gehen aber selten auf die Straße.


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rh 09.09.2014