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Pensionen: Kaum Anreiz zur nachhaltigen Unternehmensführung

Pensionszusagen für Vorstände sind teils üppig und tragen durch falsche Anreize oft nicht zu den Erfordernissen einer nachhaltigen Unternehmensführung bei. Eine Untersuchung im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung gibt eine Bestandsaufnahme – und macht Vorschläge, was sich ändern ließe.

Unternehmensvorstände erwerben demnach oft das Anrecht auf eine betriebliche Altersversorgung. Einige Vorstandschefs großer börsennotierter Konzerne kommen im Alter dabei auf eine jährliche Betriebsrente von mehr als einer Million Euro, so die Hans-Böckler-Stiftung. Dafür müssen die Firmen Rückstellungen bilden: Bei jedem der 30 Dax-Unternehmen summieren sich die Ansprüche früherer und aktueller Vorstände im Mittel auf gut 130 Millionen Euro, schreiben die Studienautoren. In Einzelfällen müsse mehr als das Doppelte zur Verfügung stehen.

Im Jahr 2014 haben die Dax-Konzerne ihren ehemaligen Vorständen oder deren Hinterbliebenen insgesamt im Mittel 6,3 Millionen Euro an Pensionszahlungen geleistet. Zusätzlich legten sie im gleichen Jahr für ihre aktiven Vorstandsmitglieder insgesamt im Mittel 2,4 Millionen Euro zurück. Dies geht aus einer Aufstellung des Vergütungsexperten Dr. Heinz Evers im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung hervor.

Altersversorgungssysteme für Vorstände unterscheiden erheblich

Die Bestandsaufnahme in den Börsensegmenten von Dax bis S-Dax zeigt demnach: Die Altersversorgungssysteme für Vorstände unterscheiden sich in der Höhe der Auszahlungen und in ihrer Konstruktion teils erheblich. Nach wie vielen Dienstjahren die maximale Leistung erreicht wird, ob ein bestimmter Eurobetrag zugesagt, ein Prozentsatz des letzten Fixgehalts festgelegt, eine bestimmte Mindestverzinsung des zurückgestellten Kapitals garantiert wird oder welches Lebensalter als Pensionsgrenze gilt: all dies variiert. Doch von einer Verknüpfung der Altersvorsorge an Nachhaltigkeitskriterien sind die Unternehmen oft noch weit entfernt.

"Punktuell kann sogar von einer Überversorgung im Alter gesprochen werden, die völlig unabhängig von einer langfristigen Unternehmensentwicklung gezahlt wird", sagt Dr. Norbert Kluge, Leiter der Abteilung Mitbestimmungsförderung der Stiftung. Er appelliert, dass der Aufsichtsrat insgesamt seine Aufgabe wahrnimmt, über die Managervergütung die richtigen Anreize im Interesse des Unternehmens und seiner Zukunftsperspektiven zu setzen.

Keine Vollversorgung nach wenigen Jahren

In diesem Sinne sollte sich die Altersversorgung auch daran bemessen, wie lange ein Vorstand für das Unternehmen tätig war. Diesen Punkt betont Rechtsanwalt Doetsch. Es könne nicht sein, dass ein Vorstand nach fünf oder zehn Jahren im Amt bereits Anspruch auf die maximal möglichen Versorgungsbezüge hat. Ein Vollanspruch sollte erst nach 20 oder 25 Jahren erreicht sein. Hinreichend sei die Altersversorgung dann, wenn sie sich nach dieser Zeit auf etwa 50 bis 60 Prozent der letzten Fixbezüge beläuft – vorausgesetzt, diese Fixbezüge sind angemessen und nicht überhöht. Sich einfach an den tatsächlich gezahlten Beträgen anderer Großunternehmen zu orientieren, weil im Aktiengesetz von der üblichen Versorgung die Rede ist, ist laut Doetsch keine gesetzeskonforme Lösung. Die übliche Versorgung sei vielmehr als Obergrenze zu interpretieren.

Die Vielfalt der Versorgungsregelungen und defensive Informationspraxis vieler Unternehmen erschwerten Vergleiche, gibt Evers zudem zu bedenken. Auch wenn das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung und der Deutsche Corporate Governance Kodex beim Thema Altersbezüge Klarheit einfordern, ließen die Geschäftsberichte in puncto Transparenz weiterhin zu wünschen übrig.

Kopplung der Versorgungsbezüge an das letzte Fixgehalt ungerechtfertigt

Ungerechtfertigt ist nach der Analyse der Experten die häufig praktizierte Kopplung der Versorgungsbezüge an das letzte Fixgehalt. Gerade dies habe in jüngerer Zeit zu einer enormen Erhöhung der Altersansprüche geführt. So seien die Festgehälter der Vorstände im Dax von 2009 bis 2015 um rund ein Drittel gestiegen – und mit ihnen oft die Kosten der Altersversorgung des Vorstands. Eine Kopplung an die variable Vergütung sei allerdings auch keine Lösung. Sie erschwere im Gegenteil die Übersichtlichkeit weiterhin, so beide Experten unisono.

Einige Unternehmen, etwa Beiersdorf, haben die Vorstandsrenten bereits ganz abgeschafft. Dem Experten Evers zufolge ist durchaus fraglich, ob eine besondere Altersversorgung für hoch bezahlte Vorstände überhaupt nötig ist. Sollen die Spitzenmanager aber weiterhin eine besondere Form von Betriebsrente erhalten, so zeigt Doetsch auf, wie Korrekturen aussehen können. Analog zur vielerorts vorgenommenen Umstellung der normalen Betriebsrenten ist es nach seiner Ansicht angebracht, von leistungsbezogenen zu beitragsbezogenen Systemen überzugehen. Das heißt: Garantiert wird nicht mehr die Höhe der ausgezahlten Rente, sondern nur noch die regelmäßig eingezahlten Beiträge – was am Ende herauskommt, hängt von Anlagestrategie und Marktentwicklung bezogen auf das angesammelte Pensionsvermögen ab.

Nur Teilbetrag der beitragsorientierten Altersversorgung garantieren

Nach Analyse der Experten bietet sich darüber hinaus noch ein weiterer Schritt an. Er bestünde darin, den Vorstandsmitgliedern nur einen Teilbetrag der beitragsorientierten Altersversorgung zu garantieren, beispielsweise in einer Höhe, die sich an den Obergrenzen des Pensions-Sicherungs-Vereins orientiert. Dieser sichert derzeit Rentenzahlungen von maximal jährlich 102.060 Euro ab. Wenn die Auszahlung der sich darüber hinaus ergebenden Versorgungsansprüche zeitlich gestreckt und zugleich an die langfristige Entwicklung des Unternehmens gekoppelt wäre, würde der Forderung nach mehr Nachhaltigkeit Rechnung getragen.


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vg 13.11.2015