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Unternehmen mit Stiftungsbeteiligung längfristiger ausgerichtet

Rund 650 Unternehmen in Deutschland sind ganz oder teilweise im Besitz einer Stiftung. Darunter sind neben kleinen und mittleren Firmen etliche wirtschaftliche Schwergewichte wie die Robert Bosch GmbH, der Bertelsmann-Konzern, die Thyssen-Krupp AG oder der Automobilzulieferer Mahle. Gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung hat Prof. Dr. Marc Eulerich, Professor an der Mercator School of Mangement der Universität Duisburg-Essen, erfasst, wie viele stiftungsverbundene Unternehmen es gibt und diesen Firmentyp untersucht.

Oft langfristige Ausrichtung, stabile Kapitalstruktur, mehr Investitionen

Die explorative Studie zeichnet das Bild einer durchaus heterogenen Gruppe: Stiftungsverbundene Unternehmen unterscheiden sich nicht selten voneinander beim wirtschaftlichen Modell, den Arbeitsbedingungen und den Mitbestimmungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer. Schaut man auf Durchschnittswerte, zeigen sich verglichen mit Unternehmen ohne Stiftungsbeteiligung aber einige signifikante Besonderheiten. Dazu zählen eine längerfristige Ausrichtung, etwa bei Investitionen, sowie eine größere Unabhängigkeit von kapitalmarktorientierten Shareholder-Interessen.

Für die Untersuchung kombinierte Eulerich, Lehrstuhlinhaber für Interne Revision und Corporate Governance, drei methodische Ansätze: Eine Analyse ökonomischer Kennziffern verglich 27 stiftungsverbundene und 352 nicht-stiftungsverbundene Unternehmen, die jeweils von 2006 bis 2011 durchgehend im übergreifenden Aktienindex CDAX notiert waren. An einer quantitativen schriftlichen Befragung beteiligten sich 139 Entscheidungsträger aus Stiftungen mit Unternehmensbeteiligung oder stiftungsverbundenen Unternehmen. Fallstudien beleuchten zehn Stiftungen näher, die an einem oder mehreren Unternehmen beteiligt sind.

Langfristige Ausrichtung des Investors

Zetnrale Ergebnisse: Stiftungsverbundene Unternehmen profitieren laut Eulerich von einer langfristigen Ausrichtung des Investors. Für ihre gemeinnützigen oder wohltätigen Ziele seien die Stiftungen auf Gewinnausschüttungen angewiesen. Und da stehe meist eher die konstante Rendite auf Dauer im Mittelpunkt des Interesses, nicht die kurzfristige Maximierung. Zudem sei der dauerhafte Erhalt des verbundenen Unternehmens in vielen Satzungen vom Stifter als Ziel explizit festgeschrieben.

Weitere oft genannte Gründe für die Stiftungsgründung weisen in eine ähnliche Richtung: "Wahrung des unternehmerischen Lebenswerkes", die Absicherung einer Nachfolgeplanung oder auch "die Sicherung der Beschäftigtensituation." Die langfristige Perspektive kennzeichne in der Tendenz auch das Investitionsverhalten der Unternehmen, so der Forscher.

Langfristiger Erhalt der Unternehmensstruktur

Wenn eine Stiftung eine Mehrheitsbeteiligung oder eine Sperrminorität hält, stellt das einen wirksamen und langfristigen Schutz gegen feindliche Übernahmen oder den ungewollten Einstieg von Finanzinvestoren dar, beobachtet Eulerich. "Folglich kann davon ausgegangen werden, dass durch eine Stiftungsbeteiligung der langfristige Erhalt der gegenwärtigen Unternehmensstruktur geleistet werden kann, sofern diese sich weiterhin als wirtschaftlich sinnvoll erweist." Der Einfluss der Stiftungen sei häufig auch an den Aufsichtsräten ablesbar, die bei stiftungsverbundenen Unternehmen im Durchschnitt größer sind.

Unabhängigkeit von kapitalmarktorientierten Shareholder-Interessen

Die ökonomische Kennzahlen-Analyse unterstreicht die größere Unabhängigkeit stiftungsverbundener Unternehmen von kapitalmarktorientierten Shareholderinteressen, so ein Ergebnis der Studie: Im Durchschnitt haben sie eine stabilere Kapitalausstattung und finanzieren sich seltener direkt über die Finanzmärkte als Unternehmen ohne Stiftungsbezug. Fremdkapital stammt häufiger von Banken.

In puncto Beschäftigungssicherheit sieht Eulerich Indizien für Vorteile bei Stiftungsunternehmen. So liege die Beschäftigungsdauer der Mitarbeiter mehrheitlich zwischen zehn und 25 Jahren. Zudem gaben 93 Prozent der Befragten an, auch während der Finanz- und Wirtschaftskrise ihre Beschäftigtenzahl konstant gehalten zu haben. Das spreche "eindeutig für die Krisensicherheit stiftungsverbundener Unternehmen".

Keine größeren Mitsprachemöglichkeiten der Arbeitnehme

Größere Mitsprachemöglichkeiten der Arbeitnehmer, die über die gesetzlichen Regelungen zur Mitbestimmung hinausgingen, beobachtet der Wirtschaftsprofessor in Stiftungsunternehmen nicht - von Einzelfällen abgesehen. Der Grad der Mitbestimmung werde primär durch die Unternehmen und die Unternehmenskultur bestimmt, nicht durch Stiftungseinfluss. Allerdings sei eine "indirekte Beeinflussung durch die gelebten Werte der Stiftung beziehungsweiseziehungsweise des Stifters im Unternehmen" möglich und dadurch, dass eine gute Reputation für gemeinnützige Stiftungen ein hoher Wert ist.

Repräsentativen "Prototyp" gibt es nicht

Auch wenn sich mit den gewählten Untersuchungsmethoden die beschriebenen Trends herausarbeiten lassen: Ein repräsentativer "Prototyp" eines stiftungsverbundenen Unternehmens lässt sich in der Praxis nicht beschreiben, betont Forscher Eulerich. Abhängig von Stiftern, Stiftungszweck, Unternehmerfamilie, dem Management, Stiftungsrepräsentanten und nicht zuletzt der wirtschaftlichen Lage seien Unternehmensklima, Möglichkeiten der Arbeitnehmerbeteiligung und die Corporate Governance durchaus unterschiedlich: "Deshalb gibt es sowohl Beispiele für eine gute Unternehmensführung und -überwachung in stiftungsverbundenen Unternehmen wie auch einige negativ wirkende Beispiele", erklärt der Wirtschaftsprofessor.



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vg 22.03.2016