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Kritische Berichterstattung über Unternehmen hängt auch von Eigeninteressen der Medien ab

Wenn es um die Berichterstattung über unternehmerisches Fehlverhalten in den Printmedien geht, zeigt eine Untersuchung der Universität zu Köln, dass auch Eigeninteressen der Presse wie etwa Werbeeinnahmen dazu beitragen, ob kritisch über Themen wie Umweltvergehen, Korruption oder die Verletzung von Sozialstandards berichtet wird.

Für die Studie untersuchten Dr. Marc Fischer, Professor für Marketing an der Universität zu Köln, und Dr. Samuel Stäbler, Assistant Professor of Marketing an der Tilburg University (Niederlande) die Medienberichterstattung über 1.054 CSI-Ereignisse in 77 führenden Medien aus fünf Ländern (USA, Mexiko, Deutschland, Großbritannien und Frankreich). Sie wollten herausfinden, wann kritisch über unternehmerisches Fehlverhalten berichtet wird – und wann nicht. Dafür lasen, kodierten und bewerteten sie über 50.000 Artikel.

Berichterstattung ist keineswegs unbeeinflussbar

Die untersuchten Zeitungen und Zeitschriften berichten demnach allgemein zwar häufig über ethische Vergehen von beliebten Unternehmen mit bekannten Marken, ebenso wie über das Fehlverhalten von ausländischen Unternehmen. Wenn sie aber beispielsweise enge Werbepartnerschaften mit einem betroffenen Unternehmen unterhalten, berichten die untersuchten Medien deutlich seltener über dessen CSI-Fälle. So sinkt die Wahrscheinlichkeit der Berichterstattung auf unter zehn Prozent bei einer engen Werbepartnerschaft. Fast doppelt so viele Zeitungen berichten jedoch über das Fehlverhalten, wenn es eine ausländische Marke mit Fehlverhalten im eigenen Land betrifft.

Linksorientierte Medien berichten laut den Autoren der Studie häufiger als rechtsorientierte Medien.
Interessant sei, dass die Medien sich dieser Verzerrung scheinbar nicht bewusst seien. Interviews mit Redakteurinnen und Redakteuren führender Leitmedien in Deutschland bestätigten viele Befunde noch vor der Durchführung der eigentlichen Studie, heißt es. Allerdings wiesen die Redakteure den Werbeinnahmen und der politischen Ausrichtung der Zeitung keine Rolle bei der Nachrichtenauswahl zu, schreiben die Autoren. Die statistischen Ergebnisse der Studie, die auf der Auswertung der tatsächlichen Berichterstattung zu unternehmerischem Fehlverhalten beruhen, zeigten jedoch das Gegenteil.

Kritische Berichterstattung hat wirtschaftliche Folgen

Der durchschnittliche finanzielle Verlust an der US-Börse aufgrund eines CSI-Ereignisses beläuft sich laut der Studie auf rund 321 Millionen US-Dollar. Das Ausmaß des Schadens, den ein CSI-Ereignis einem Unternehmen zufügt, hängt dabei stark davon ab, wie viel Medienaufmerksamkeit das Ereignis erhält. So reagierte etwa der Markt nur dann auf die CSI-Fälle, wenn vier oder mehr US-Medien darüber berichteten.

"Die Studienergebnisse lassen Aussagen zur selbst gepriesenen Unabhängigkeit diskussionswürdig erscheinen", sagt Professor Dr. Marc Fischer. "Erstaunlich ist auch, um wie viel häufiger über das Fehlverhalten ausländischer Unternehmen berichtet wird, während inländische Unternehmen im Vergleich dazu seltener Gegenstand der Berichterstattung sind."



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vg 13.03.2020