ANZEIGE

ANZEIGE

Johannes Christian Wichard, BMJV, über das Thema Dual Quality


Johannes Christian Wichard, Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Foto: J.C: Wichard)

Johannes Christian Wichard, im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seit Januar 2019 Leiter der wirtschaftsrechtlichen Unterabteilung IIIB, die insbesondere auch für alle Fragen des geistigen Eigentums und des unlauteren Wettbewerbs zuständig ist, über das Thema Dual Quality, die Frage, was "wesentliche Unterschiede" sind, und die Rückgewinnung von Verbrauchervertrauen durch Transparenz.

markenartikel: Das Bundesjustizministerium hat den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht veröffentlicht. Unter anderem geht es um das Thema Dual Quality. Die Vermarktung einer Ware als identisch zu einer in anderen EU-Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware ist demnach künftig unzulässig, wenn sich die Waren im Hinblick auf ihre Zusammensetzung und Merkmale "wesentlich unterscheiden". Markenhersteller betonen allerdings, dass sie ihre Produkte natürlich bestmöglich an die Verbraucherpräferenzen anpassen wollen. Wie wollen Sie sicherstellen, dass deutsche Unternehmen, die den Kundenpräferenzen auch in Ländern wie Spanien, Ungarn, Slowenien & Co. gerecht werden wollen, weiter auf die regionalen Wünsche der Verbraucher eingehen können und beim Thema Differenzierung nicht unter Rechtfertigungszwang geraten?

Johannes Christian Wichard: Die Regelung zu Dual Quality setzt zwingende Vorgaben des europäischen Rechts um. Die neue Regelung wird es Herstellerunternehmen aber keineswegs verbieten, in verschiedenen Mitgliedstaaten Waren unter derselben Marke mit einer unterschiedlichen Zusammensetzung oder verschiedenen Merkmalen zu vertreiben. Unzulässig ist lediglich, solche, sich wesentlich voneinander unterscheidende Waren als identisch zu vermarkten. Das heißt, Verbraucherinnen und Verbraucher müssen wesentliche Unterschiede zwischen Waren, die in verschiedenen Mitgliedstaaten mit identischer Verpackungsaufmachung angeboten werden, erkennen können. Solche Unterschiede können zum Beispiel durch eine unterschiedliche Gestaltung des Produkts, entsprechende Hinweise auf der Verpackung und ergänzende Informationen im Internet transparent gemacht werden. Aber auch im Fall sich wesentlich voneinander unterscheidender Waren liegt keine Irreführung vor, wenn diese Unterschiede durch legitime und objektive Gründe gerechtfertigt sind. Auch Verbraucherpräferenzen kommen in Betracht, um solche Unterschiede zu rechtfertigen. Ob legitime und objektive Gründe eine Irreführung ausschließen, muss unter Einbeziehung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden.

markenartikel: Und wie geht es weiter?

Wichard: Im Hinblick auf die Regelungen zu Dual Quality ist die Richtlinie vollharmonisierend. Die Mitgliedstaaten müssen sich also bei der Umsetzung an die durch das europäische Recht gesetzten Vorgaben halten. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die einzelnen Mitgliedstaaten von der Richtlinie abweichende oder über sie hinausgehende Regelungen erlassen.

markenartikel: Für Markenhersteller ist Rechtssicherheit wichtig. Der Begriff "wesentlich unterscheiden" birgt indes einigen Spielraum. Welche legitimen Gründe für Unterschiede sehen Sie?

Wichard: Sowohl die Art und Weise, auf die sich Waren voneinander unterscheiden können, als auch die Gründe für solche Unterschiede sind vielfältig. Wollte man für jede Produktart genau bestimmen, welche Art von Unterschieden beziehungsweise ab welchen Grenzwerten Unterschiede für Verbraucherinnen und Verbraucher transparent gemacht werden müssen, müsste man hierzu ein kompliziertes Geflecht an Regelungen schaffen, das am Ende doch zu starr wäre, um dem Einzelfall gerecht zu werden. Im Gegensatz dazu sind Regelungen mit unbestimmten Rechtsbegriffen wie der Begriff "wesentlich" klar vorzugswürdig. Diese müssen zwar von den Gerichten ausgelegt werden, ermöglichen es so aber auch, im Einzelfall eine angemessene und sachgerechte Lösung zu finden.

Welche möglichen legitimen und objektiven Gründen die Richtlinie aufzählt und wie man die Wechselwirkung von Marken- und Verbraucherschutz verstärken und ausbauen kann, lesen Sie im vollständigen Interview in markenartikel 12/2020. Zur Bestellung geht es hier.



zurück

vg 17.12.2020