ANZEIGE

ANZEIGE

Online-Marktplätze müssen Nutzer besser informieren

Die Bundesregierung hat die von der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), Berlin, vorgelegten Regierungsentwürfe zur Umsetzung der Richtlinie über digitale Inhalte und zu den vertragsrechtlichen Regelungen der Modernisierungsrichtlinie beschlossen. Mit den Gesetzesvorhaben werden die die EU-Richtlinie über digitale Inhalte sowie vertragliche Regelungen der EU-Modernisierungsrichtlinie umgesetzt. Sie sollen in der Europäischen Union für mehr Verbraucherschutz beim Kauf von digitalen Produkten und auf Online-Marktplätzen sorgen und sehen unter anderem mehr Informationspflichten für Online-Marktplätze vor. Diese sollen zum Beispiel Kriterien von Suchergebnis-Rankings offenlegen, um mehr Transparenz für die Verbraucher zu schaffen.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: "Mit der Neuregelung sorgen wir für deutlich mehr Rechtssicherheit und Transparenz in der digitalen Welt. Künftig ist klar: Wenn eine Software fehlerhaft ist oder eine App nicht richtig funktioniert, hat der Kunde die gleichen Rechte wie beim Kauf jedes anderen Produkts. Außerdem muss gewährleistet sein, dass das digitale Produkt durch laufende Updates funktionsfähig bleibt und dass Sicherheitslücken geschlossen werden. Für Online-Marktplätze führen wir umfassende Hinweis- und Transparenzpflichten ein. Plattformbetreiber müssen Verbraucherinnen und Verbraucher in Zukunft darüber aufklären, warum bestimmte Produkte ganz oben im Ranking angezeigt werden. Wenn ein Preis personalisiert berechnet wurde, muss darauf klar hingewiesen werden."

Kernpunkte des Umsetzungsgesetzes zur Richtlinie Digitale Inhalte

  • Der Entwurf gibt Verbraucherinnen und Verbrauchern umfassende Gewährleistungsrechte für digitale Inhalte (z. B. Musik- und Videodateien, E-Books, Apps, Spiele und sonstige Software) und digitale Dienstleistungen (z. B. soziale Netzwerke, Cloud-Anwendungen und Cloud-Speicherdienste). Die Regelungen gelten auch für körperliche Datenträger, auf denen digitale Inhalte gespeichert sind (z. B. Musik-CDs, DVDs, etc.). Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten unabhängig von der Vertragsart Gewährleistungsrechte, wie sie das deutsche Recht bislang nur bei Kauf-, Werk- oder Mietverträgen kennt, beispielsweise das Recht zur Nacherfüllung, zur Minderung und zur Vertragsbeendigung.
  • Diese Gewährleistungsrechte stehen Verbraucherinnen und Verbrauchern ferner künftig auch bei solchen Verträgen zu, bei denen die Verbraucherinnen und Verbraucher anstelle der Zahlung eines Preises personenbezogene Daten zur Verfügung stellen („Bezahlen mit Daten“). Dies betrifft etwa die Nutzung von sozialen Netzwerken.
  • Durch den Entwurf wird den Anbietern von digitalen Produkten auch eine Updateverpflichtung auferlegt. Haben Verbraucherinnen und Verbraucher ein digitales Produkt erworben, schuldet der Unternehmer auch die Bereitstellung von funktionserhaltenden Updates und Sicherheitsupdates. Bei fortlaufenden Vertragsbeziehungen gilt diese Verpflichtung über die gesamte Vertragsdauer; bei einmalig zu erfüllenden Verträgen wie Kaufverträgen gilt sie für einen Zeitraum, den die Verbraucherinnen und Verbraucher vernünftigerweise erwarten können.

Kernpunkte des Umsetzungsgesetzes zur Modernisierungsrichtlinie

  • Für Online-Marktplätze wie etwa eBay oder Amazon gelten zugunsten von Verbraucherinnen und Verbrauchern künftig u.a. folgende wesentliche Hinweispflichten: Sie sind künftig verpflichtet, vor Vertragsschluss die wesentlichen Kriterien des Rankings von Suchergebnissen und deren Gewichtung offenzulegen. Sie müssen Verbraucherinnen und Verbraucher künftig darüber informieren, ob es sich bei deren potentiellen Vertragspartnern um Unternehmer oder Verbraucher handelt. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen beim Kauf von Eintrittskarten auf dem Ticketzweitmarkt künftig über den vom Veranstalter festgelegten Originalpreis der Eintrittskarte informiert werden.
  • Daneben wird für Anbieter eine Informationspflicht eingeführt, wenn ein Preis auf Basis einer automatisierten Entscheidung personalisiert wurde.
  • Der Entwurf sieht zudem eine Verschärfung der Sanktionen bei Verstößen vor. Europaweite Verstöße gegen Regelungen des Verbrauchervertragsrechts sollen künftig mit einem Bußgeld geahndet werden können.

Die Regierungsentwürfe finden Sie hier. Der Bundestag muss noch zustimmen.

Bitkom zu den Kabinettsbeschlüssen über digitale Inhalte, Software-Updates und Infopflichten

Der Berliner Digitalverband Bitkom kritisierte die Beschlüsse.

Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung: "Wir beobachten mit Sorge den Trend, dass Unternehmen immer mehr Informationspflichten ohne erkennbaren Mehrwert für Verbraucher erfüllen sollen. Die neuen Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen sind zum Teil praxisfern und in ihrer Umsetzbarkeit fragwürdig. Im Ergebnis erzeugen sie vor allem großen Mehraufwand für Unternehmen und Verbraucher werden mit immer mehr Informationsblättern konfrontiert. Dabei gerät eines aus dem Blick: Die Digitalisierung bietet Verbrauchern einen herausragenden Souveränitätsgewinn, Angebots- und Preisvergleiche waren noch nie so einfach möglich wie heute. Es muss bei Transparenzvorgaben um Qualität statt Quantität gehen und vor allem darum, dass Verbraucher sinnvoll und verständlich informiert werden."

Der beschlossene Kabinettsentwurf lasse noch viele Fragen offen. Es bleibe zum Beispiel unklar, wie lange smarte Geräte künftig aktualisiert werden müssen.

"Lebenslange Updateverpflichtungen etwa würden zu deutlichen Preissteigerungen bei Produkten und Anwendungen führen", so Dehmel. "Letztlich würden viele günstige Produkte aus dem Markt verschwinden, die Anzahl der Hersteller abnehmen. Das könnte Verbrauchern enorm schaden."



zurück

vg 13.01.2021