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Marken auf Clubhouse: Erst mal zuhören!


Adone Kheirallah ist geschäftsführender Partner der Düsseldorfer Agentur Stagg & Friends. Er entwickelt als Markenexperte Brand Experiences und Kampagnen für Unternehmen wie Audi, AEG, Eurowings, got2b, Porsche, Schwarzkopf und Volkswagen (Foto: Stagg & Friends)

Die neue Social Media-Plattform Clubhouse gibt den Menschen einen neuen virtuellen Raum für Gespräche und auditive Gemeinschaftserlebnisse. Gleichzeitig bietet das interaktive Live-Format Unternehmen und Marken spannende Möglichkeiten der Nutzerkommunikation und -bindung. Warum Entscheider zunächst einmal ihre Ohren spitzen und echte Diskussionen wirklich zulassen sollten, erklärt Adone Kheirallah, geschäftsführender Partner und Creative Mind von Stagg & Friends, in seinem Gastbeitrag auf markenartikel-magazin.de:

Was macht sie so besonders, diese App, die ausschließlich auf Audio setzt, keine Kommentare oder Likes zulässt und deren Nutzer sich nicht hinter kreativen Pseudonymen verstecken? Nach vielen Stunden des Lauschens und Kommunizierens mit unterschiedlichsten Persönlichkeiten in unzähligen Clubhouse-Räumen habe ich die Erfahrung gemacht, dass Clubhouse durchaus Suchtfaktor hat und auch für Unternehmen Relevanz entwickeln kann.

Mut gehört dazu

Die ersten Unternehmen sind bereits auf Clubhouse aktiv: Ob der Talk zum Thema Lovebrands, der ungeplant durch spannende Insights des CMOs eines Deutschen Süßwarenherstellers zur Entstehungsgeschichte seiner Markenidentität bereichert wurde, oder der junge deutsche Winzer, der über sein Weinfachwissen hinaus auch die Vor- und Nachteile einer Handelslistung für Weingüter beleuchtet – in vielen Gesprächen sind mir auf Clubhouse Menschen begegnet, die über und für ihr Unternehmen gesprochen haben. Spontan, live und authentisch. Das fasziniert, vor allem in Zeiten der Pandemie, in der Gemeinschaftserlebnisse rar geworden sind.

Es gibt auf Clubhouse auch erste Versuche unternehmenseigener Talkformate – eine gute Möglichkeit, Marken oder Unternehmen ins Gespräch zu bringen. So lädt beispielsweise die Non-Profit-Organisation Viva Con Agua zum 'Social Sunday'-Talk ein. Und der Car-Sharing-Anbieter Share Now tauscht sich zum Thema 'Share Now Car-antäne Quatschen & Cruisen' mit zum Daheimbleiben-Verdammten zum Thema Mobilität aus. Ebenso sind Ben & Jerry‘s, Zeit, Condor, Snocks und einige andere mutig, machen einfach mit und lernen in Echtzeit.

Doch wie genau profitieren Marken von Clubhouse? Einiges spricht dafür, dass die Plattform auch über den ersten Hype hinaus Bestand haben könnte und schon bald ein wichtiger bidirektionaler Kommunikationskanal im Social Media Mix werden wird. Allerdings nur, solange es der Community von Clubhouse geschlossen gelingt, toxische Kommunikation, wie wir sie von anderen Social-Media-Plattformen kennen, komplett außen vor zu lassen.

Ohren auf und hingehört

Viele Unternehmen und Marken sind zu krächzenden Lautsprechern verkommen. Permanenter Beschallungsterror über alle Kanäle hinweg, durchchoreographierte Posts in stylisch anmutenden, aber anonymen Markenräumen. Bei allem Getöse bleibt das Gefühl, dass Unternehmen den Menschen, ihren Kunden, Nutzern, Lovern und Followern selten richtig zuhören. Geschweige denn sich für ihre Belange, Gefühle, Ängste und Themen interessieren.

Ist es wirklich so nebensächlich, ob eine Marke auf glaubwürdige Nachhaltigkeit setzt? Was erwartet die Gen Z wirklich von ihren zukünftigen Arbeitgebern? Wie stehen Unternehmen zu Diversität? Um dies zu erfahren, sollten die obersten Markenmacher und Unternehmenslenker – und nicht deren Social-Media-Teammitglieder – ihre Elfenbeintürme verlassen und Clubhouse persönlich nutzen: um zuzuhören, zu verstehen und zu lernen, was Menschen wirklich bewegt, welche Bedürfnisse aktuell bestehen, welche Trends sich abzeichnen. Und das alles in Realtime.

Nähe und Integration

Wer lange und genau genug hinhört und das Prinzip versteht, sollte echte Nähe ermöglichen und sich dieser stellen. Menschen wirklich nah an ein Unternehmen heran- bzw. hereinzulassen heißt vor allem, den Menschen hinter den Unternehmen fernab der Marketingblase eine Stimme zu geben – authentisch und greifbar. Für den Austausch mit Menschen, die wie Freunde zufällig am Abend in der gleichen Gesprächsrunde zusammenkommen, die aber gleichzeitig auch Kunden oder potenzielle Neukunden eines Unternehmens sind. Die mögliche Themenauswahl ist dabei riesig: Besprochen werden können Produkt- und Serviceentwicklungen ebenso wie Themen der Unternehmenskultur oder Qualitätsaspekte. Im Austausch von Argumenten, Kritik und Ideen entsteht oftmals neue Sichtweisen. Clubhouse könnte sich für Marken und Unternehmen zu einem echten Enabler von Nähe, Integration und Gemeinschaftsgefühl entwickeln.

Engagement und Expertise

Haltung zeigen und Know-how ermöglichen, das sollte für jedes Unternehmen und jede Marke absolut selbstverständlich sein. Auf Clubhouse entstehen echte Dialoge zwischen Menschen, und zwar auf Augenhöhe. Im Talk ergibt sich so die Chance, Expertise darzustellen und vor allem anzunehmen (!), Einblicke ins Unternehmen zu gewähren oder Mitarbeiter in ihrer Vielfalt sprechen zu lassen. Denn es ist für die Menschen durchaus spannend, von einem Lebensmittelhersteller Insights zur Trendforschung zu hören oder dem Mobilitätsanbieter direktes Feedback auf Produkte und Services geben zu können. Wo noch bekommt ein Markenverantwortlicher sonst so ungefiltert ein ehrliches und spontanes Feedback und kann lernen, lernen, lernen?

Wenn Menschen spüren und verstehen, dass man gemeinsame Werte und Haltungen hat, entstehen intensive Bindungen. Sind Unternehmen und Marke weiterhin in der Lage, Expertise zu teilen, Know-how von außen anzunehmen und zu verinnerlichen, dass Marken in Zukunft nicht als "wir" und "ihr", sondern "gemeinsam" handeln müssen, entwickelt sich ein dialogisches und authentisches Gemeinschaftserlebnis. Denn "Märkte sind Gespräche" und "die Märkte bestehen aus Menschen …", so steht es bereits im Cluetrain Manifest von 1999 über das Verhältnis von Unternehmen zu Menschen im digitalen Zeitalter. Die Clubhouse-Community hätte die Chance, viele der 95 Thesen gelebte Realität werden zu lassen. Und Clubhouse als Unternehmen liefert die Infrastruktur dafür.



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vg 28.01.2021