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Bundeskabinett verabschiedet Entwurf für ein Lieferkettengesetz

Das Lieferkettengesetz geht den nächsten Schritt: Nachdem das Entwicklungsministerium sich mit dem Arbeitsministerium und dem Wirtschaftsministerium im Februar 2021 auf den Entwurf für ein Lieferkettengesetz geeinigt hat, hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten am 3. März verabschiedet. Ziel ist laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), den Schutz der Menschenrechte in globalen Lieferketten zu verbessern. "Es geht nicht darum, überall in der Welt deutsche Sozialstandards umzusetzen, sondern um die Einhaltung grundlegender Menschenrechtsstandards wie des Verbots von Kinderarbeit und Zwangsarbeit", heißt es aus Seite des BMZ. Dafür trügen auch Unternehmen in Deutschland Verantwortung. "Sie müssen dafür Sorge tragen, dass in ihren Lieferketten die Menschenrechte eingehalten werden", so das von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller geleitete Ministerium.

"Die Ausbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit darf nicht zur Grundlage einer globalen Wirtschaft und unseres Wohlstandes werden", so Müller. "Wir haben ein angemessenes Gesetz auf den Weg gebracht, das auch Wirkungen zeigen wird. Made in Germany steht in Zukunft nicht nur für höchste Qualität, sondern auch für faire Produktion."

usbeutung von Mensch und Natur sowie Kinderarbeit darf nicht zur Grundlage einer globalen Wirtschaft und unseres Wohlstandes werden."

Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller

Das Lieferkettengesetz legt Anforderungen für die Sorgfaltspflichten von Unternehmen fest und soll Rechtssicherheit für Unternehmen und Betroffene schaffen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: "Im Bereich des grenzüberschreitenden Handels liegt vieles im Argen. Wenn in den Fabriken der Produktionsländer der von uns gekauften Waren keine Rücksicht genommen wird auf den Gesundheitsschutz, dann muss uns das als Europäer beschämen. Wo Appelle und Ermahnungen nicht wirken, müssen wir Unternehmen stärker in die Verantwortung nehmen und damit für Rechtssicherheit und fairen Wettbewerb sorgen. Die Pflicht zur Achtung der Menschenrechte endet nicht an unseren Grenzen – diesem Gebot tragen wir mit dem Lieferkettengesetz Rechnung."

Als nächsten Schritt müsse man nun einheitliche Standards auf europäischer Ebene schaffen, denn nur mit einem gemeinsamen Vorgehen erreiche man international die nötige Durchsetzungskraft, heißt es weiter aus dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Berlin.

Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie fordert umfangreiche Nachbesserungen

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten wird allerdings von vielen Seiten kritisiert.

"Das Lieferkettengesetz, das jetzt in den parlamentarischen Prozess geht, definiert die unternehmerische Sorgfaltspflicht an vielen Stellen unzureichend und zu weitreichend. Die so notwendige Rechtssicherheit wird nicht geschaffen", warnt zum Beispiel Stefanie Sabet, Geschäftsführerin des Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), Belrin. "Unternehmen benötigen verbindliche Standards für das von ihnen erwartete Verhalten und die erwarteten Verfahren in der Lieferkette, insbesondere braucht es für die mittelbare Lieferantenebene eine deutliche Beschränkung der Sorgfaltspflichten."

Das vorgelegte Gesetz enthalte viele unbestimmte Rechtsbegriffe und lasse offen, was als angemessen zu bewerten sei. Es fehle nicht nur an Rechtssicherheit, sondern auch an Rechtsgleichheit, da Unternehmen ohne Sitz in Deutschland, die hierzulande aber Geschäftstätigkeiten haben, nicht erfasst würden.

"Das führt zu unfairen Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen", so Sabet. "Auch muss es klare Kriterien geben, wer die geplante Prozessstandschaft erhalten kann, hier muss Transparenz geschaffen werden. Schließlich bleiben die umweltbezogenen Sorgfaltspflichten weitreichend und unkonkret; auch fehlt eine Klarstellung, wie mit bereits bestehenden Berichtspflichten, Brancheninitiativen oder Zertifizierungen umgegangen wird."

Die mangelhafte Rechtssicherheit und der weitreichende Geltungsbereich auf die gesamte Lieferkette seien "absolut unbefriedigend und im parlamentarischen Prozess zwingend zu korrigieren".

HDE befürchtet Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen

Der Handelsverband Deutschland (HDE), Berlin, sieht den im Kabinett verabschiedeten Entwurf eines Sorgfaltspflichtengesetzes für Unternehmen kritisch und befürchtet durch das nationale Gesetz Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb.

"Es ist nicht vermittelbar, warum Unternehmen ohne Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland, trotz intensiver geschäftlicher Aktivität auf dem deutschen Markt vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Gleiches gilt für Unternehmen aus Europa und Drittstaaten, die ihre Waren über Plattformen vertreiben", so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Insgesamt sei der Gesetzesentwurf viel zu unbestimmt und führe durch die zahllosen unbestimmten Rechtsbegriffe zu erheblichen Auslegungs- und Anwendungsfragen, vor allem auch im nationalen Arbeitsrecht.

"Wir fordern einen klaren Orientierungsrahmen. Die Vorgaben durch Handreichungen und durch die noch zu erarbeitende Rechtsverordnung zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten müssen umsetzbar sein und zu Erleichterungen bei Unternehmen führen, keinesfalls aber zusätzliche Anforderungen begründen", so Genth.

Der HDE setzt sich dafür ein, dass der Anwendungsbereich der Prozessstandschaft, insbesondere die Missbrauchsgefahr, weiter eingegrenzt wird.

"Es muss ausgeschlossen werden, dass das neue prozessuale Instrument zur Durchsetzung politisch motivierter Interessen missbraucht wird. Menschenrechtsbezogene Klageverfahren vor deutschen Gerichten und deren mediale Begleitung stellen ein erhebliches Reputationsrisiko und einen enormen Aufwand für die Unternehmen dar", so Genth.

Mit der Verabschiedung des nationalen Gesetzes werde eine internationale, zumindest europäische Regulierung zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen unabdingbar.



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vg 03.03.2021