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Deutschland hat Nachholbedarf beim Online-Einkauf von Lebensmitteln

Kaum ein zweites Land in Europa hat einen so hohen Nachholbedarf bei der Digitalisierung des Lebensmittel-Einkaufs wie Deutschland - Quelle: Oliver Wyman
Kaum ein zweites Land in Europa hat einen so hohen Nachholbedarf bei der Digitalisierung des Lebensmittel-Einkaufs wie Deutschland - Quelle: Oliver Wyman

Online bestellen und liefern lassen - den Wochenend-Einkauf am Smartphone erledigen, anstatt einen durch Supermarkt-Gänge zu laufen, ist für die meisten Menschen in Deutschland noch keine Option. Nur jeder Zehnte hat in den vergangenen drei Monaten in einem Online-Supermarkt eingekauft. Laut einer Studie der Strategieberatung Oliver Wyman, München, hat kaum ein zweites Land in Europa einen so hohen Nachholbedarf bei der Digitalisierung des Lebensmittel-Einkaufs wie Deutschland. Für die Befragung zur Kundenzufriedenheit im LEH wurden mehr als 10.000 Kundenantworten aus insgesamt acht europäischen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz, England, Frankreich, Spanien, Belgien und den Niederlande) ausgewertet. Die Befragung wurde im April 2021 durchgeführt.

Die Analyse von Oliver Wyman zeigt, welches Potenzial im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel brach liegt. 41 Prozent der Spanier, 40 Prozent der Franzosen und 32 Prozent der Engländer haben im vergangenen Quartal bereits einen Online-Supermarkt genutzt. Deutschland ist in dieser Hinsicht mit zehn Prozent Schlusslicht unter acht untersuchten Ländern, vergleichbar niedrige Online-Werte weisen nur Österreich (11) und die Schweiz (15) auf. Die meisten Stammkunden im Online-Segment finden sich laut Studie in England mit 17 Prozent – sie geben einen Online-Shop als Hauptbezugsquelle ihrer Lebensmittel an. Hier können Deutschland (3), die Schweiz (3) und Österreich erst recht nicht mithalten (2).

Der Deutsche möchte die Ware anfassen

Woher rührt die Zurückhaltung? In Deutschland war der meistgenannte Grund laut Studie der Wunsch, die Produkte selber zu betrachten oder zu testen. Auch die Sorge, nicht die beste Produktqualität zu erhalten, treibt die Kundschaft noch in die Läden. Erst als drittwichtigstes Hemmnis gelten die als zu hoch empfundenen Lieferkosten.

"Die Anbieter haben es selbst in der Hand, sich das Vertrauen durch gute Produktqualität und hohen Service zu erarbeiten", sagt Rainer Münch, Partner und Leiter der Handels- und Konsumgüter-Praxisgruppe bei Oliver Wyman in Deutschland. "Wer dreimal solch einen Bestelldienst probiert und jeweils zufrieden ist, bleibt dabei. Wir gehen von hoher Kundentreue aus."

Auf Anbieterseite zeichnet sich in Deutschland ein spannendes Wettrennen ab. Insbesondere die traditionellen Supermärkte, die sich zuletzt gut gegen die Discounter behaupten konnten, stehen nun vor einer neuen Herausforderung.

"Wenn sie kein ansprechendes Angebot für die Verbraucher entwickeln, laufen sie Gefahr, von neuen Online-Supermärkten wie Picnic oder Express-Lieferanten wie Gorillas oder Flink überrollt zu werden", warnt Münch.

Diese Kuriere punkten laut dem Berater mit Flexibilität und Schnelligkeit, ihre Zwischenlager haben sie oft innerstädtisch in ehemaligen Non-Food-Geschäften in B- und C-Lagen aufgebaut, um von dort zum Auftraggeber zu flitzen. Die Express-Anbieter fokussieren sich auf urbane Zielgruppen und sie kämpfen strategisch um eine hohe Abdeckung und Präsenz in Großstädten und Mittelzentren.

In den Startlöchern stehen neben den mit viel Wagniskapital ausgestatteten Angreifern auch Essens-Lieferdienste wie Lieferando oder Wolt. Deren Fahrer wollen der Kundschaft ebenfalls in Zukunft gegen Gebühr Einkäufe im lokalen Einzelhandel abnehmen. Der klassische Lebensmittel-Einzelhandel kann sich laut Münch über Auslieferkonzepte für Großeinkäufe gut positionieren. Der Experte erwartet einen hohen Wettbewerbsdruck.

"Wer mit vielen verfügbaren Slots, kurzen Lieferzeiten und guter Qualität punktet, kann auch ehemalige Stammkunden anderer Märkte für sich einnehmen."

Online-Kunden schauen nicht auf den Euro

Eine komplette Verdrängung der klassischen Supermärkte ist aber laut den Beratern nicht zu erwarten. Es werde immer eine Berechtigung für stationären Handel geben. Doch die geschickte Verknüpfung aus beiden Welten – sogenannte Omnichannel-Modelle – verspreche Mehrumsätze. Es lohne sich für Anbieter, einen zusätzlichen Fokus auf Online-Bestellungen zu legen. Die angesprochene urbane Kundschaft sei attraktiv, weil sie tendenziell nicht auf den Euro schaue.

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(vg) 05.07.2021



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vg 05.07.2021