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Europäische Handelsallianzen: Effizienztreiber oder wettbewerbsbeschränkende Konditionenclubs?

Beim Thema Handelsallianzen ist derzeit in Europa vieles in Bewegung. Edeka und Intermarché haben verkündet, die AgeCore zu verlassen. Damit verliert die europäische Handelsallianz, der außerdem noch die Schweizer Coop, Colruyt (Belgien), Conad (Italien) und Eroski (Spanien) angehören, ihre mit Abstand größten Mitglieder. Die europäischen Handelsallianzen (European Retail Alliances, ERAs) gehören dennoch längst nicht der Vergangenheit an.

Entwicklung der Erscheinungsformen von ERAs

Kooperationen im Einzelhandel haben ihren Ursprung in der Idee des Nachteilsausgleichs gegenüber Großunternehmen im Wettbewerb. Im Vertikalverhältnis ging es zunächst vor allem um den Ausgleich von Größennachteilen, um überhaupt bzw. zu wettbewerbsfähigen Konditionen beliefert zu werden. Im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) dominieren heute aus Einkaufskooperationen entstandene Gruppen, die konzernähnliche (Edeka-Gruppe) oder Konzernstrukturen (Rewe-Gruppe) entwickelt haben.

Im Zuge der Internationalisierung des LEH sind seit langem Vorstöße der Einzelhändler zu beobachten, mittels supranationaler Organisationen europaweite Konditionsverbesserungen bei der Industrie zu erreichen. Als eine der ersten Gruppierungen kann auf die aus der Selex/Tania bzw. der darauffolgenden Markant AG 1989 hervorgegangene EMD European Marketing Distribution AG (CH) verwiesen werden. Schon bald darauf begannen auch nationale Marktführer des LEH, sich in europäischen Handelsallianzen in der Regel in Form von Gemeinschaftsunternehmen zusammenzuschließen.

Diese letzte Entwicklung hatte zur Folge, dass es nicht mehr um einen Nachteilsausgleich gegenüber den Marktführern im LEH ging, sondern vordergründig um die Umverteilung der Wertschöpfung von der Industrie in den Handel. Als horizontale Nebenwirkung zielten diese Kooperationsformen aber darauf ab, ihre größenbedingten Konditionenvorteile gegenüber kleineren Verfolgern des LEH auszubauen oder abzusichern, also Wettbewerbsvorsprünge zu zementieren. Vorherrschend sind heute sowohl sogenannte Teilfunktionsallianzen (Teilfunktions-ERAs) als auch jüngere Monofunktionsallianzen (Monofunktions-ERAs):

  • Teilfunktions-ERAs wie EMD bieten meist umfangreiche Dienstleistungen rund um Ein- und Verkauf und bündeln etwa den Bedarf ihrer Mitglieder im Eigenmarkenbereich.
  • Die Monofunktions-ERAs betreiben kein eigenes Warengeschäft und bündeln keine Einkäufe ihrer Mitglieder. Sie fungieren (bisher) als reine Gatekeeper für führende, internationale Markenartikelhersteller, denen der direkte Zugang zu Verhandlungen mit den Mitgliedern in einzelnen Ländern verwehrt wird.

Die europäischen Handelsallianzen haben sich in den vergangenen zehn Jahren in der EU quasi flächendeckend ausgebreitet. Es gibt kaum ein führendes LEH-Unternehmen in den Mitgliedsstaaten der EU, das nicht Mitglied in einer ERA ist. Deutschland und Frankreich können als Hochburgen europäischer Handelsallianzen bezeichnet werden, weil sieben bzw. acht der Top-10-LEH-Unternehmen in ERAs organisiert sind.

Die europäische Handelsallianzen sind kartellrechtlich umstritten. Die supranationalen Gebilde können ihre Marktmacht missbrauchen und den Wettbewerb behindern. Mehr dazu, über kartellrechtliche Bestimmungen, Wettbewerbseffekte durch ERAs u.v.m. lesen Sie im vollständigen Gastbeitrag von Prof. Dr. Rainer Lademann, Geschäftsführer von Lademann & Associates GmbH Economists and Competition Consultants in Hamburg, in markenartikel 7/2021. Zur Bestellung geht es hier.



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vg 26.07.2021