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Wirtschaftsverbände präsentieren Vorschläge zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie

14 Verbände der deutschen Wirtschaft, darunter der Markenverband aus Berlin, haben gemeinsam ein Konzept zu einer juristisch tragfähigen Umsetzung der neuen EU-Richtlinie zum Verbandsklagerecht in nationales Recht vorgelegt. Die Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher der Europäischen Union verpflichtet die Mitgliedstaaten erstmals zur Einführung nationaler und grenzüberschreitender Verbandsklagen. Sie umfasst sowohl Unterlassungsklagen als auch Abhilfemaßnahmen. Die Richtlinie ist dabei bis Ende 2022 in nationales Recht umzusetzen. Hierbei sind aus Sicht der Wirtschaft folgende Punkte zu berücksichtigen:

  • Ein Interessenausgleich, der nicht nur Verbraucherinteressen, sondern auch die Interessen der Unternehmen und das der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Justiz angemessen berücksichtigt.
  • Die systematische Einfügung in das bestehende Zivilprozessrecht.
  • Beachtung des kostenrechtlichen Unterliegensprinzips ('Loser-pays-Prinzip'), der prozessualen Waffengleichheit und der Verfahrensfairness.
  • Verhinderung von Rechtsmissbrauch.
  • Keine über die Vorgaben der EU-Richtlinie hinausgehende Umsetzung.
  • Berücksichtigung internationaler Erfahrungen mit Sammelklagen.

Umsetzungsvorschlag der deutschen Wirtschaft

Die 14 Verbände haben Prof. Dr. Alexander Bruns von der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg beauftragt, ein Konzept für die Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie in deutsches Recht zu entwickeln, das diesen Anforderungen entspricht.

"Mein Vorschlag basiert auf einer Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Vorgaben, berücksichtigt die internationalen Erfahrungen mit Sammelklagen und gewährleistet damit eine Rechtsetzung mit Augenmaß", so Bruns.

Folgende Anforderungen muss die Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie demnach erfüllen:

  • Die bewährte Differenzierung zwischen Unterlassung, Feststellung und Abhilfeleistung ist beizu-behalten. Die Musterfeststellungsklage bleibt bestehen.
  • Wie bei der Musterfeststellungsklage wird die Klagebefugnis bei den neuen Sammelklagemöglichkeiten auf anerkannte Verbraucherverbände beschränkt.
  • Verbraucher entscheiden sich durch ein bindendes Opt-in für die Beteiligung am Kollektivverfahren; sie werden nicht ohne ihr Wissen an einem Verfahren beteiligt.
  • Die verjährungshemmende Wirkung der Kollektivklage gilt nur für angemeldete Verbraucher.
  • Die Anmeldung des Verbrauchers an der Kollektivklage schließt parallele und nachfolgende Individual- oder Sammelklagen aus.
  • Das Verfahren folgt den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen.
  • Die Prozesskosten sind von der unterliegenden Partei zu tragen, also entweder vom Unternehmen oder vom klagenden Verband, nicht aber vom Verbraucher.
  • Erfolgshonorare sollten nur im engen Rahmen der bisherigen Regelungen zulässig sein. Die prozentuale Beteiligung des Anwalts an der erfolgreich eingeklagten Summe zu Lasten des Verbrauchers ist ausdrücklich auszuschließen.
  • Die strengen Vorgaben der Richtlinie über die Prozessfinanzierung sind umzusetzen. Besondere finanzielle Unterstützungsmaßnahmen zugunsten der klagebefugten Verbände sind nicht erforderlich.
  • Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren werden nicht (z. B. durch Streitwertobergrenzen) gedeckelt.

Die deutsche Wirtschaft schlägt zur Umsetzung neben den bereits bestehenden Unterlassungsklagen und Musterfeststellungsklagen folgenden Verfahrensablauf für Verbandsklagen auf Abhilfe vor: Im ersten Schritt soll eine kollektive Abhilfeklage vorgesehen sein, die der Klärung aller wesentlichen Fragen dient. Der klageberechtigte Verbraucherverband soll bei einem Verstoß gegen verbraucherschützende Vorschriften und einer Betroffenheit einer Vielzahl von Verbrauchern eine Kollektivklage beim Oberlandesgericht einreichen können. Ist die Abhilfeklage erfolgreich, wird das beklagte Unternehmen zur Errichtung eines Abhilfefonds verurteilt. Art und Umfang der Abhilfeleistung werden gerichtlich bestimmt. In dem sich im zweiten Schritt anschließenden gerichtlichen Verteilungsverfahren können die repräsentierten Verbraucher ihre Ansprüche anmelden, diese werden von einem gerichtlich bestellten Sachwalter verteilt.

Einen Auszug des Gutachtens Umsetzung der EU-Verbandsklagerichtlinie finden Sie hier.



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vg 28.10.2021