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Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt ist Gründer und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin - Quelle: F. Ekardt

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt ist Gründer und Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik in Leipzig und Berlin - Quelle: F. Ekardt

Politik

Prof. Dr. Felix Ekardt: "Nudging-Fans verkennen das Ausmaß der Herausforderung"

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt, Leiter der Forschungsstelle Nachhaltigkeit und Klimapolitik, über den Sinn und Unsinn von Nudging, das Henne-Ei-Problem beim Umweltschutz und das Hoffen auf ein Wunder-Politikinstrument.

markenartikel: Sie sind ein Kritiker des Nudging, also des 'Anstupsens' des Verbrauchers, um ein erwünschtes Verhalten zu erreichen. Was sind Ihre Hauptkritikpunkte an diesem Vorgehen?

Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt: Umweltschutz scheitert bei Politikern, Unternehmern und uns allen oft am Eigennutzenstreben und an emotionalen Faktoren wie Bequemlichkeit, Gewohnheit, Verdrängung oder der Schwierigkeit, mir Klimatote vorzustellen, wenn ich allmorgendlich mit dem Auto zur Arbeit fahre. Zumal stecken wir alle in den Normalitätsvorstellungen einer fossil getriebenen Welt fest, zu der eben auch große Wohnungen und Flugreisen gehören. Im Kern beruht Nudging darauf, Gewohnheiten zu durchbrechen, indem man eine Ausgangssituation verändert, also beispielsweise Kopierer umprogrammiert. Wohlgemerkt: Die Nutzer können ihre Kopierer jederzeit wieder umstellen, es gibt keinen Zwang und keine ökonomischen Anreize. Die Masse der relevanten Handlungen für den Klimaschutz – Fliegen, Autofahren, Heizen, Konsum tierischer Nahrungsmittel, Kauf von (zu) vielen Produkten aller Art – ist aber mit Nudging nicht ausreichend bekämpfbar. Auch wenn man Fleischtheken ganz hinten im Supermarkt versteckt: Es wird immer noch bergeweise Fleisch konsumiert.

markenartikel: Warum ist das so?

Ekardt: Insgesamt verkennen die Nudging-Fans das Ausmaß der Herausforderung. Klimaschutz zum Beispiel bedeutet nicht, ein kleines bisschen besser zu werden. Sondern – so steht es rechtsverbindlich in Artikel 2 des Pariser Klima-Abkommens – die globale Erwärmung auf 1,5 Grad gegenüber dem vorindustriellem Temperaturniveau zu begrenzen. Das erfordert aber globale Null-Emissionen. In ein bis zwei Jahrzehnten soll das Ziel mit großer Wahrscheinlichkeit erreicht werden. Neben besserer Technik – erneuerbare statt fossile Energien – sind damit auch Verhaltensänderungen gefragt. Also nicht nur smarter, sondern auch weniger konsumieren. Nur durch Nudging kann man die Zahl der Flüge und Schnitzel jedoch nicht drastisch reduzieren. Nicht einmal den rein technischen Wechsel von fossilen zu regenerativen Energien schafft man allein mit einem Stupser.

Ob mit Nudging doch einige Teilziele erreicht werden können, wieso Experimente die komplexe Realität nicht voll abbilden und wieso die Frage, ob Umweltschutz mehr an den Verbrauchern, mehr an bösen Konzernen oder primär am fehlenden politischen Willen scheitert, ein unlösbares Henne-Ei-Problem beschreibt, lesen Sie im vollständigen Interview in markenartikel 3/22. Zur Bestellung geht es hier.
 

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vg 09.03.2022