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Quelle: Nyul/Fotolia

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Digital Markets Act

EU begrenzt Marktmarkt der Tech-Konzerne

Unterhändler des Europaparlaments und EU-Rats haben sich auf neue Vorschriften zur Begrenzung der Marktmacht großer Online-Plattformen wie Google, Facebook, Apple und Co. geeinigt. Das Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) soll mehr Wettbewerb auf Plattformmärkten schaffen, bestimmte Praktiken großer Plattformen, die als "Torwächter" fungieren, auf eine schwarze Liste setzen und die Kommission in die Lage versetzen, Marktuntersuchungen durchzuführen und nicht konformes Verhalten zu sanktionieren. Bei Verstößen kann die Kommission gegen die Plattformen Geldbußen in Höhe von bis zu zehn Prozent des weltweiten Gesamtumsatzes im vorangegangenen Geschäftsjahr verhängen, im Falle wiederholter Verstöße sogar bis zu 20 Prozent. Bei systematischen Verstößen kann die Kommission den Tech-Konzernen für eine bestimmte Zeit verbieten, andere Unternehmen zu erwerben.

Der Text zielt auf große Unternehmen ab, die sogenannte "Kernplattformdienste" anbieten, die besonders anfällig für unlautere Geschäftspraktiken sind, wie soziale Netzwerke oder Suchmaschinen, und die eine Marktkapitalisierung von mindestens 75 Milliarden Euro oder einen Jahresumsatz von 7,5 Milliarden Euro haben. Um als "Gatekeeper" bezeichnet zu werden, müssen diese Unternehmen auch bestimmte Dienste wie Browser, Messenger oder soziale Medien anbieten, die mindestens 45 Millionen monatliche Endnutzer in der EU und 10.000 jährliche geschäftliche Nutzer haben.

Regeln für personalisierte Werbung, mehr Interoperabilität von Diensten, mehr Portabilität für Daten

Die EU-Gesetzgeber einigten sich darauf, dass die größten Messaging-Dienste wie Whatsapp, Facebook Messenger oder iMessage sich für kleinere Messaging-Plattformen öffnen und mit diesen zusammenarbeiten müssen, wenn sie dies wünschen. Die Nutzer kleiner oder großer Plattformen könnten dann Nachrichten austauschen, Dateien verschicken oder Videoanrufe über verschiedene Messaging-Apps tätigen und hätten somit eine größere Auswahl. Was die Interoperabilitätsverpflichtung für soziale Netzwerke betrifft, so haben sich die Mitgesetzgeber darauf geeinigt, dass solche Interoperabilitätsbestimmungen in Zukunft bewertet werden sollen.

Das Parlament beschloss zudem, dass die Kombination personenbezogener Daten für gezielte Werbung nur mit ausdrücklicher Zustimmung der User zulässig ist. Die  Nutzer sollen vorinstallierte Apps zudem eher löschen und ihren Browser, ihre virtuellen Assistenten oder ihre Suchmaschinen frei wählen können.

Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab, Berichterstatter des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments, sagt: "Die Einigung läutet eine neue Ära der weltweiten Regulierung im Technologiebereich ein. Der Digital Markets Act setzt der immer größer werdenden Dominanz von Big-Tech-Unternehmen ein Ende. Von nun an müssen sie zeigen, dass sie auch einen fairen Wettbewerb im Internet ermöglichen. Die neuen Regeln werden dazu beitragen, dieses Grundprinzip durchzusetzen. Europa sorgt damit für mehr Wettbewerb, mehr Innoon und mehr Auswahl für die Nutzer. (...) Die Verbraucher werden die Wahl haben, die Kerndienste von Big-Tech-Unternehmen wie Browser, Suchmaschinen oder Messaging zu nutzen, und das, ohne die Kontrolle über ihre Daten zu verlieren. Vor allem aber vermeidet das Gesetz jede Form der Überregulierung für kleine Unternehmen. App-Entwickler erhalten völlig neue Möglichkeiten, kleine Unternehmen erhalten mehr Zugang zu geschäftsrelevanten Daten und der Online-Werbemarkt wird fairer."

Der DMA muss nun sowohl vom Parlament als auch vom Rat genehmigt werden. Sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, wird er 20 Tage nach seiner Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten, und die Regeln werden sechs Monate später gelten.

Sven Giegold, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz: "Europa hat sich auf die weltweit strengsten Regeln für mehr Wettbewerb und Fairness bei den großen digitalen Playern verständigt. Die großen Plattformunternehmen werden klaren und harten Regeln unterworfen und können nicht mehr länger einseitig die Spielregeln bestimmen. Zu lange haben die großen Digitalriesen wie Google, Facebook, Amazon und Co den Markt dominiert, so dass es neuen Wettbewerbern fast unmöglich war, Fuß zu fassen. Künftig gilt für alle großen Digitalunternehmen ein klarer Verhaltenskodex."

Bisher hätten sich Wettbewerbsverfahren gegenüber Digitalunternehmen häufig über Jahre hingezogen. Bis eine rechtskräftige Entscheidung vorlag, seien häufig bereits ein unumkehrbarer Schaden für Wettbewerber und Verbraucher entstanden. Der DMA soll nun ein schnelleres und effektiveres Einschreiten der EU-Kommission ermöglichen. Die Interoperabilitätsverpflichtung für Messengerdienste der Gatekeeper bedeute zum Beispiel, dass Nutzer:innen ihre Messengerdienste in Zukunft dann nicht mehr danach auswählen müssen, wo die meisten Freunde und Bekannten sind. Vielmehr sind zukünftig qualitative Merkmale wie ein hohes Datenschutzniveau wettbewerbsentscheidend. Zugleich werde die Wahlfreiheit von kleinen Messengerdiensten und Nutzern gewahrt.

Für personalisierte Werbung werden strenge Regelungen eingeführt, so Giegold. Gatekeeper dürfen diese nur noch mit Einwilligung der Endnutzer:innen ausspielen. Zugleich wird sichergestellt, dass Nutzer:innen nicht durch sogenannte Dark Patterns (Benutzerschnittstellen-Design, das darauf ausgelegt ist, den Benutzer zu Handlungen zu verleiten, die dessen Interessen entgegenlaufen) in eine Einwilligung gedrängt werden können.

 

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vg 25.03.2022