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Quelle: Elenabsl/Adobe Stock

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Quick-Commerce & Co.

Online-Lebensmittelhandel steht vor disruptiven Veränderungen

Der Online-Lebensmittelhandel hat sich rund um den Globus zu einem milliardenschweren Wachstumsmarkt entwickelt und wird in Deutschland bis 2026 auf voraussichtlich 14 Milliarden Euro zulegen, was dem 2,1-fachen des bisherigen Spitzenwerts während der Pandemie entspricht. Im selben Zeitraum dürfte das Volumen in den USA sogar auf 178 Milliarden US-Dollar und in China mehr als 628 Milliarden US-Dollar steigen. Das bringt die Studie Online Grocery Strategy: A Reality Check for Disruptors and Incumbents der Unternehmensberatung Bain & Company zutage.

Alle Marktteilnehmer stehen demnach vor der Herausforderung, sich im Wettbewerb zu behaupten und langfristig profitabel zu sein. Die Bain-Studie skizziert drei Themen, vor denen weder etablierte Omnikanal-Händler noch Quick-Commerce-Anbieter die Augen verschließen dürfen:

  1. Omnikanal-Anbieter profitieren von Größenvorteilen und Kundennähe: Trotz der Bequemlichkeiten des Internets kaufen die meisten Online-Shopper weiterhin parallel im klassischen Lebensmitteleinzelhandel. In Frankreich gilt dies für 93 Prozent der Kundschaft und selbst im weit entwickelten Online-Markt China sind es noch 89 Prozent. Die etablierten Handelskonzerne, die über ein Omnikanal-Profil verfügen, profitieren daher von ihren Größenvorteilen und einer engen Kundenbindung. Sie kennen die Bedürfnisse und Einkaufsgewohnheiten der Verbraucher:innen, da sie ihnen ein breiteres Angebot offerieren. Laut Studie gibt die Omnikanal-Kundschaft in den USA im Monat durchschnittlich 131 US-Dollar für Lebensmittel aus - reine Onlineshopper kaufen für 79 US-Dollar ein. Wer hingegen ausschließlich den stationären Einzelhandel nutzt, lässt dort monatlich im Schnitt lediglich 63 US-Dollar. Zudem ist die mit dem Net Promoter ScoreSM von Bain messbare Kundenloyalität im Omnikanal-Segment deutlich höher als die bei reinen Online- oder Offlinekäufern. Ein weiterer Vorteil sind die engen Geschäftsbeziehungen, in denen die Konsumgüterhersteller mit den großen Omnikanal-Anbietern stehen. Diese erzielen mit ihnen mehr Umsatz und auch die Rentabilität ist besser - die Gewinnspanne (EBITDA) ist mit 17 bis 22 Prozent etwa doppelt so hoch wie beim reinen Absatz über Online-Kanäle.
  2. Alle Marktteilnehmer müssen ihre Profitabilität verbessern: Das rasche Wachstum des Online-Lebensmittelhandels sorgt bei den etablierten Handelsketten für ein Rentabilitätsproblem. Denn in diesem Vertriebskanal sind Gewinnmargen deutlich niedriger als im stationären Handel. Hier können die traditionellen Marktführer von den Herausforderern lernen, denn diese fordern inzwischen etwa ein Mindesteinkaufsvolumen oder verlangen für ihre Onlineservices Gebühren. Doch auch die Quick-Commerce-Anbieter benötigen ein strikteres Kostenmanagement. Ihre Darkstore-Modelle, also der Direktverkauf aus dem Warenlager, sind nach wie vor nicht flächendeckend profitabel. Und die Aufwendungen für die Akquise neuer Kund:innen bleiben durch Rabattaktionen auf hohem Niveau. Vor diesem Hintergrund müssen die Sofortlieferdienste den Umsatz pro Bestellung steigern, ihren Darkstore-Absatz und die Lieferfrequenz erhöhen sowie die Servicequalität weiter verbessern. Zudem könnten sie ihren Angebotsmix auf den Nicht-Lebensmittelbereich ausweiten und über Kooperationen mit etablierten Handelsketten oder Aggregatoren nachdenken.
  3. Effiziente Auftragsabwicklung und Lieferung bleiben ein Kernthema: In den nächsten Jahren müssen alle Marktteilnehmer angesichts der schnell steigenden Nachfrage ihre Lieferkapazitäten erheblich ausbauen. Um sich im Wettbewerb zu behaupten, benötigen die Lebensmittelhändler für ihre Wachstumspläne unterschiedliche regionale Modelle, die sich nach der Bevölkerungsdichte des Einzugsgebiets richten, so die Bain-Autoren. Zusätzlich zu den bisherigen Click-and-Collect-Lösungen im stationären Geschäft sollten sie sich stärker auf eine automatisierte Auftragsabwicklung bei Zusammenstellung und Verpackung der Produkte konzentrieren. Darüber hinaus könnten die traditionellen Omnikanal-Anbieter mit Lieferservice-Apps kooperieren, um kurzfristig zusätzliche Kapazitäten zu schaffen und die hohen Kosten des Transports bis zur Haustür in den Griff zu bekommen. Allerdings müssten sie dabei Nachteile wie den Verlust von Marge und direktem Kundenkontakt in Kauf nehmen.

Auch wenn alle im Online-Lebensmittelhandel aktiven Unternehmen die für sie drängendsten Herausforderungen individuell lösen müssen, sollten sie die notwendigen strategischen Entscheidungen keinesfalls verzögern, nur weil sie das Risiko von Fehlinvestitionen fürchten, betonen die Studienautoren. Gebot der Stunde sei, mutig in neue Services und Hightech-Lösungen zu investieren und sich so vom Wettbewerb abzusetzen. Dabei seien in wichtigen Märkten auch Kooperationen und Beteiligungen denkbar. Im Rahmen einer Konsolidierungswelle könnten auch Übernahmen auf der Agenda der großen Handelskonzerne stehen.

Die Studie finden Sie hier.

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vg 14.06.2022