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Nachhaltigkeit

Automobilindustrie hinkt bei Klimazielen hinterher

Quelle: Jörg Brinckheger/pixelio.de

Quelle: Jörg Brinckheger/pixelio.de

Ohne verstärktes Engagement in die Nachhaltigkeit droht die Automobilbranche die Pariser Klimaziele zu verfehlen – nur neun Prozent der Unternehmen sind beim Thema Nachhaltigkeit führend. Das ergibt die Studie Sustainability in Automotive: From Ambition to Action des Capgemini Research Institute, für die im Juli und August 2022 weltweit über 1.080 Führungskräfte von Automobilherstellern und -zulieferern befragt wurden. Aktuelle Herausforderungen wie die anhaltende Chip-Knappheit und Probleme in der Lieferkette haben demnach zu einer Neuausrichtung der Prioritäten geführt.

Die Investitionen in Nachhaltigkeitsinitiativen sind laut der Meldung in der Automobilindustrie von durchschnittlich 1,22 Prozent des Umsatzes im Jahr 2019 auf 0,85 Prozent im Jahr 2022 zurückgegangen. Auch in Deutschland sind die Investitionen gesunken, wenngleich diese mit 1,11 Prozent noch deutlich über dem globalen Durchschnitt liegen. Die Zulieferer investieren jährlich sogar einen größeren Anteil ihres Umsatzes (0,93 Prozent) als die Hersteller (0,79 Prozent). Auch die Umsetzung der wichtigsten Nachhaltigkeitsinitiativen hat sich in der Branche seit 2019 nur geringfügig verbessert und sich in einigen Bereichen sogar verschlechtert.

Die Studie zeigt, dass sich eine große Mehrheit (70 Prozent) der Automobilunternehmen auf die Reduzierung der Gesamtemissionen in der gesamten Wertschöpfungskette konzentriert, einschließlich der Scope-1-, -2- und -3-Emissionen, von der Beschaffung bis zu den End-of-Life-Prozessen. Zwei Drittel (64 Prozent) der Automobilunternehmen erwarten eine Reduzierung der CO2-Emissionen bis 2040 und 57 Prozent gehen über die Einhaltung von ESG-Vorgaben hinaus und machen Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Geschäftsfaktor. Allerdings hat die Branche seit 2018 ihre Treibhausgasemissionen insgesamt nur um fünf Prozent reduzieren können, bis 2030 wird eine Reduzierung um 19 Prozent erwartet.

Nur wenige "Sustainability Leaders"

Die Studie zeigt, dass nur eine kleine Gruppe von Unternehmen (weniger als zehn Prozent) bei der Strategie und der Umsetzung von Nachhaltigkeit führend ist. Diese Unternehmen ("Sustainability Leaders") konnten ihre Emissionen seit 2018 bereits um durchschnittlich neun Prozent senken, verglichen mit fünf Prozent in der gesamten Branche. Erwartet wird, dass sie ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 um 35 Prozent reduzieren (im Vergleich zu einer prognostizierten durchschnittlichen Reduktion von 19 Prozent in der gesamten Automobilindustrie).

Gleichzeitig soll sich ihre betriebliche Effizienz bis 2026 um 22 Prozent verbessern (im Vergleich zu 16 Prozent für den Rest der Unternehmen im gleichen Zeitraum). Dies lässt sich direkt auf ihre Nachhaltigkeitsinitiativen zurückführen, die zu einer höheren Transparenz in der gesamten Wertschöpfungskette beitragen. Die führenden Unternehmen konnten durch ihre Nachhaltigkeitsinitiativen zudem ihre Attraktivität für Talente steigern (18 Prozent gegenüber zehn Prozent bei den übrigen Unternehmen).

Die Unternehmen der Automobilindustrie konzentrieren sich auf die Reduzierung von Emissionen und priorisieren Initiativen, auf die sie direkten Einfluss haben, wie etwa die Herstellung und die Dekarbonisierung von Fahrzeugflotten. Der Studie zufolge ist der Einsatz von Initiativen für eine nachhaltige Lieferkette von 42 Prozent im Jahr 2019 auf 57 Prozent im Jahr 2022 (in Deutschland von 40 auf 60 Prozent) und die verantwortungsvolle Beschaffung von Metallen im gleichen Zeitraum von 33 Prozent auf 44 Prozent gestiegen (in Deutschland von 29 auf 63 Prozent).

Die Studie verzeichnet jedoch einen rückläufigen Trend bei der Umsetzung von Initiativen zur Kreislaufwirtschaft. Obwohl 73 Prozent der Unternehmen weltweit der Meinung sind, dass der Beitrag zur Kreislaufwirtschaft notwendig ist, um langfristige finanzielle Ziele zu erreichen und wettbewerbsfähig zu bleiben, verfügen nur 53 Prozent der weltweit befragten Unternehmen über eine Strategie für die Kreislaufwirtschaft und 45 Prozent halten sich derzeit an die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft4 in ihrer gesamten Wertschöpfungskette; Deutschland liegt hier mit 63 Prozent und 54 Prozent über dem Durchschnitt.

Komplexer Übergang zu Elektrofahrzeugen

Die Notwendigkeit, die Treibhausgasemissionen zu verringern, hat die Automobilhersteller dazu veranlasst, ihren Fokus verstärkt auf Elektrofahrzeuge (EVs) zu richten. Um diese Effekte über die gesamte Lebensdauer eines Elektrofahrzeugs zu erzielen, müssen die Hersteller die Zirkularität der Produktion sicherstellen und den End-of-Life-Prozess für Elektrofahrzeugbatterien in der gesamten Wertschöpfungskette berücksichtigen.

Weniger als die Hälfte (41 Prozent) der befragten Führungskräfte gab an, dass ihr Unternehmen eine spezielle Nachhaltigkeitsinitiative für das Ende der Lebensdauer von Batterien verfolgt; bei Second-Life- Batterien sind es nur 28 Prozent. Trotz steigender Verkaufszahlen von Elektroautos zögern die Kunden häufig aufgrund von Bedenken bezüglich Reichweite und Kosten für das Aufladen noch auf diese umzusteigen; attraktiver sind vielfach die bessere Verfügbarkeit von Ersatzteilen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor und Wartungsoptionen. Steigende Kosten für das Energienetz und komplizierte Lademöglichkeiten bremsen den Fortschritt und die Akzeptanz.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die unzureichende Integration wichtiger Nachhaltigkeitskennzahlen in das Tagesgeschäft und Perfomance Management dazu führt, dass die Umsetzung stagniert: 73 Prozent der befragten Führungskräfte sind der Meinung, dass die Einführung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in ihren täglichen Aktivitäten und Prozessen in den letzten zwei bis drei Jahren nur geringfügig zugenommen hat oder gleich geblieben ist. Nur zehn Prozent der Unternehmen weltweit und 14 Prozent in Deutschland haben die Leistungsziele mit den wichtigsten Nachhaltigkeitszielen für nichtleitende Angestellte abgestimmt. Schwierigkeiten bei der Erfassung, Verwaltung und Analyse von Nachhaltigkeitsdaten sind ebenfalls eine der größten Herausforderungen: Nur zwölf Prozent der Führungskräfte gaben an, dass ihr Unternehmen derzeit eine Plattform einsetzt, um Nachhaltigkeitsinitiativen in vollem Umfang zu messen, monitoren und zu reporten.

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sl 20.10.2022