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Dr. Ingo Wiedemeier ist Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse - Quelle: Jochen Kratschmer

Dr. Ingo Wiedemeier ist Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse - Quelle: Jochen Kratschmer

Banking

Finanzmarken unter Druck: "Wo Licht ist, ist auch Schatten!"

Der Finanzmarkt erlebt turbulente Zeiten. Die Anforderungen der Kunden steigen – und die Konkurrenz schläft nicht. Dr. Ingo Wiedemeier, Vorstandsvorsitzender der Frankfurter Sparkasse, sprach mit markenartikel-magazin.de über die größten Herausforderungen und wie sein Institut darauf reagiert. In markenartikel 11/22 lesen Sie zudem, was Markenverantwortliche von Deutsche Bank, DSGV und ING zu diesen Themen sagen. Interesse? Dann senden Sie uns eine E-Mail.

markenartikel: Neobanken etablieren sich zunehmend neben den klassischen Instituten. Wie schätzen Sie die Konkurrenz ein?

Dr. Ingo Wiedemeier: In der Tat sehen wir seit einigen Jahren einige Fintechs und Neobanken, die auf den Markt drängen. Diese Anbieter sind allerdings in der Regel keine Vollsortimenter, die von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zwischenfinanzierung das gesamte Spektrum der Finanzdienstleistungen vorhalten. Sie besetzen mit neuen, zugegeben oftmals innovativen Geschäftsmodellen spezielle Nischen und agieren damit in einem sehr engen, abgegrenzten Markt. Die Frankfurter Sparkasse ist Marktführerin im Privatkundengeschäft im gesamten Rhein-Main-Gebiet. Im Wettbewerb stehen wir in erster Linie mit etablierten Kreditinstituten der Region und einigen Direktbanken.

markenartikel: Was können etablierte Geldhäuser von Neobanken aber vielleicht auch lernen?

Wiedemeier: Fintechs und Neobanken sind ganz klar Innovationstreiber und Impulsgeber für die gesamte Branche. Ihre Stärken liegen in ihrer hohen Technologiekompetenz und Schnelligkeit. Schlanke Strukturen erlauben deutliche kürzere Entwicklungszeiten. Zudem können sie flexibler auf neue Trends reagieren. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten! Fintechs sind auf Wachstum angewiesen. Ihre Geschäftsmodelle funktionieren in Zeiten prosperierender Märkte. Dementsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns, wenn eine wirtschaftliche Durststrecke zu bewältigen ist. Zudem zeigte sich in jüngster Vergangenheit, dass sich bei einigen Vertretern der Neobanken der tendenziell laxere Umgang mit Risiken bitter rächt.

markenartikel: Sie sprechen das Thema Technologiekompetenz an. Bei der Finanzberatung sind neue Angebote gefragt. Künstliche Intelligenz ist ein wichtiges Stichwort. Welche Trends halten Sie für besonders relevant?

Wiedemeier: Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung einen zusätzlichen Schub gegeben. Diese Entwicklung wird sich fortschreiben. Künstliche Intelligenz kommt heute vor allem bei der Automatisierung von Prozessen zum Einsatz. Sie kann große Datenmengen verarbeiten und analysieren. Sie folgt ihren Algorithmen und einer strengen Logik. Doch an den Finanzmärkten und der Börse treten Logik und kausale Zusammenhänge zuweilen in den Hintergrund. Daher ist KI dem Menschen bei der Geldlage – noch – nicht überlegen. Langjährige Erfahrung bei der Geldanlage und das tiefe Verständnis für die Bedürfnisse der Kund:innen können keine Maschine ersetzen

markenartikel: Nicht nur die Anforderungen der Privatkunden ändern sich. Auch die Firmenkunden haben heute andere Erwartungen an ihre Finanzpartner. Wo sehen Sie die größten Veränderungen?

Wiedemeier: Die größten Veränderungen sehe ich in den derzeitigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen. Die Corona-Pandemie hat zum Teil tiefe Narben in den Bilanzen von Unternehmen hinterlassen. Doch nun treffen eine Rekord-Inflation, eine Energiekrise immensen Ausmaßes und eine permanent unsichere Sicherheitslage auf die bereits geschwächte Wirtschaft. Angesichts dieser Imponderabilien erleben Kontinuität und Verlässlichkeit im Bankgeschäft ihre Renaissance.

markenartikel: Ein Thema dürfte die Nachhaltigkeit sein. Welchen Einfluss haben die Kriterien aus dem ESG-Standard (Environmental, Social, Governance) auf die Banken und ihr Geschäft mit den Firmenkunden?

Wiedemeier: Mit dem Green Deal hat die Europäische Union die grundlegende Transformation der Wirtschaft in Sinne der Nachhaltigkeit angestoßen. Den Banken und Sparkassen kommt dabei eine bedeutende Rolle zu. Denn unsere Aufgabe und auch Herausforderung ist es, die Kapitalströme in nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken. Daher werden wir künftig unser Kreditbuch mehr und mehr an ESG-Kriterien ausrichten. Nachhaltigkeit wird für Unternehmen zum entscheidenden Erfolgskriterium und Wettbewerbsvorteil. Firmen, die nicht nachhaltig wirtschaften oder gar einer prekären Branche wie der Rüstungsindustrie angehören, werden es künftig deutlich schwerer haben.

markenartikel: Was bedeutet das alles für die Markenführung? Welche Herausforderungen, aber auch Chancen sehen Sie für die Zukunft?

Wiedemeier: Die Marke Sparkasse genießt bei den Verbraucher:innen maximale Bekanntheit und sehr großes Vertrauen. Die Menschen verbinden mit dem roten 'S' hohe Fachkompetenz, Regionalität und persönliche Nähe. Die enge Beziehung zu unseren Kund:innen und unser Wissen um deren Bedürfnisse bleiben auch in Zukunft der wichtigste strategische Unterbau unseres Geschäftsmodells. Die Art und Weise, wie wir unsere Dienstleistungen erbringen, wird sich durch die voranschreitende Digitalisierung weiter verändern. Doch unseren entscheidenden Wettbewerbsvorteil und Markenkern werden wir uns im analogen wie im digitalen Leben stets bewahren.

 

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vg 10.11.2022