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Voices of the Leaders of Tomorrow

Konflikte zwischen den Führungsgenerationen behindern nachhaltigen Wandel

Quelle: Sveta/Fotolia

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Junge Talente drängen auf schnellen, grundlegenden Wandel zur Nachhaltigkeit, während ältere Führungskräfte bestehende Systeme in Unternehmen nur behutsam verändern möchten. Dies führt zu fundamentalen Konflikten zwischen den Führungsgenerationen, wie die Neuauflage der Studie Voices of the Leaders of Tomorrow 2023 zeigt. Durchgeführt wurde die Befragung von dem Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM), Nürnberg, in Zusammenarbeit mit dem St.Gallen Symposium, St. Gallen. Befragt wurden über 750 Nachwuchsführungskräfte aus dem Netzwerk des St. Gallen Symposiums und 300 Manager:innen aus den 3.000 umsatzstärksten globalen Unternehmen.

Meinungsverschiedenheiten und Wertekonflikte

Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten und Wertekonflikte bestehen insbesondere bei Maßnahmen zur Bewältigung der Klimakrise. Ein Großteil der heutigen Entscheider:innen in Unternehmen ist sich dieser Konflikte aber gar nicht bewusst – und kann sie daher auch nicht adressieren. Dies ist nur eine der Erkenntnisse aus der diesjährigen Studie. Aus Sicht der jungen Führungskräfte beginnt der Dissens der Generationen schon beim gemeinsamen Problemverständnis: Für sie ist klar, dass die ältere Generation nicht ihre Einschätzung zu Dringlichkeit und Schwere der Klimakrise teilt. Die jungen Führungskräfte werfen den älteren mangelnden Willen vor, die Klimakrise anzugehen – obwohl viele ihnen sehr wohl zutrauen, die Mittel und Wege dafür zu haben. Die Führungskräfte von morgen fordern radikalen und schnellen Wandel – viele von ihnen sogar den gänzlichen Umbruch des wirtschaftlichen und politischen Systems. In starkem Kontrast dazu setzen die älteren Führungskräfte auf Vorsicht und wollen die bestehenden Systeme und den Wohlstand nicht gefährden.

Aber auch unter den jungen Nachwuchskräften herrscht nicht immer Einigkeit: Bei Fragen zur Notwendigkeit von radikalen Aktionen zur Durchsetzung der nachhaltigen Transformationen bis hin zum eventuellen Gesetzesbruch spaltet sich die Gruppe 50 : 50. So glaubt zum Beispiel knapp die Hälfte der Befragten, dass man sich im Namen einer nachhaltigen Transformation ggf. auch über bestehende Regeln und Gesetze hinwegsetzen sollte.

Bei einem Punkt sind sich die Generationen einig: Fast alle (90 Prozent) der Führungskräfte von heute und über zwei Drittel (69 Prozent) der jungen Talente glauben, dass Regeln und Marktregulierung eher die Transformation zur Nachhaltigkeit in der Wirtschaft voranbringen werden als der freie Markt und freiwillige Verhaltensänderungen.

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Das sind die bestehenden Generationenkonflikte

Die Studie identifiziert eine Reihe von fundamentalen Konflikten zwischen den Führungsgenerationen:

  1. Wie dringend ist die Klimakrise überhaupt? Nachhaltige Wirtschaftstransformation braucht Führungskräfte, die am selben Strang ziehen. Die Studienergebnisse zeigen jedoch: Die Generationen sind sich nicht einmal darüber einig, ob sie sich einig sind. Nur 26 Prozent der jungen aufstrebenden Talente glauben, dass Jung und Alt Schwere und Folgen der Krise oder die Dringlichkeit von Maßnahmen zu ihrer Abschwächung ähnlich einschätzen. Dem gegenüber stehen 77 Prozent der älteren Führungskräfte, die von Einigkeit und geteilten Zielen ausgehen. Besonders besorgniserregend: 20 Prozent der befragten etablierten Managerinnen und Manager bezweifeln, dass der Klimawandel auf den Menschen zurückgeht (dem gegenüber 4 Prozent der jungen Führungskräfte). Die überwältigende Mehrheit dieser Klimaleugnerinnen und -leugner kommt aus Nordamerika.
  2. Untätigkeit, Bequemlichkeit und viele Vorwürfe von Jung an AltDie jungen Top-Talente stellen kaum infrage, dass die ältere Generation von Führungskräften sowohl das Verständnis für die globalen Herausforderungen als auch die Fähigkeit hätte, die nachhaltige Transformation ihrer Unternehmen voranzutreiben. Ihr Vorwurf lautet aber: Sie wären schlicht unwillig, Unternehmen zur Nachhaltigkeit zu verändern. Entsprechend äußern sich die Führungskräfte von morgen auch besorgt über die gerechte Vertretung der Perspektiven beider Generationen und die Verteilung der Macht zwischen ihnen. So geben zwei Drittel der jungen Befragten an, dass die Entscheidungsgewalt in wichtigen Zukunftsfragen nicht gerecht zwischen den Generationen verteilt sei. Auf der anderen Seite herrscht heile Welt: Die große Mehrheit der etablierten Führungskräfte ist der Meinung, dass Macht und Verantwortung gerecht verteilt und die Perspektiven beider Generationen fair vertreten seien – sowohl bei geschäftlichen als auch bei politischen Entscheidungen.
  3. Nachhaltigkeit auf Kosten von Wirtschaft und Rechtsstaat - In dubio pro Nachhaltigkeit? Vor allem bei der Abwägung Umwelt gegen Wirtschaftsinteressen gehen die Meinungen der Generationen auseinander. Während die älteren Führungskräfte an eine nachhaltige, aber vorsichtige Transformation innerhalb des etablierten wirtschaftlichen und politischen Systems glauben (80 Prozent), fordern die jungen Talente einen tiefgreifenden Wandel des Systems selbst – schnell und wenn nötig ohne Rücksicht auf individuelles Eigentum und persönliche Freiheiten. Dem moderaten Establishment steht eine zunehmend radikale junge Generation an Top-Talenten gegenüber, die auch vor drastischen Maßnahmen nicht mehr zurückschreckt.

Die jungen Führungskräfte sprechen sich mehrheitlich für tiefgreifende Reformen auf Systemebene aus – ganze 57 Prozent geben an, dass die notwendigen Schritte für eine nachhaltige Umgestaltung der Wirtschaft nur in einem komplett neuen wirtschaftlichen und politischen System umgesetzt werden können. Viele von ihnen befürworten eine schnelle, nachhaltige Transformation, auch zum Preis eines anfänglichen Wohlstands- und Wachstumsverlustes. Auch Individualrechte sind angesichts der drohenden Klimakatastrophe für sie nicht mehr unantastbar. Während überwältigende 98 Prozent der älteren Manager:innen jede Einschränkung der persönlichen Rechte und Freiheiten ablehnen, sind sich die jüngeren nicht mehr so sicher. 58 Prozent der „Leaders of Tomorrow“ wären bereit, Eigentumsrechte oder Vertragsfreiheit zugunsten des nachhaltigen Wandels einzuschränken.

Wie radikal möchten die Leaders of Tomorrow den Wandel wirklich durchsetzen?

Die Letzte Generation, Extinction Rebellion, Menschen, die sich auf die Straße kleben oder sogar Parlamente besetzen – sind dies legitime Formen des verzweifelten Protests oder gehen sie einen Schritt zu weit und sind sogar kontraproduktiv? Hier sind sich die jungen Führungskräfte uneins. Entschlossenes Handeln zur Abwendung des Klimakollapses sei notwendig – so weit stimmen die jungen Führungskräfte nahezu überein. Doch selbst innerhalb ihrer eigenen Generation gibt es eine klare Spaltung bei der Frage, wie radikal oder moderat die konkreten Schritte tatsächlich sein dürfen – oder sogar müssen. Und zumindest ein Teil der jungen Top-Talente hat durchaus radikale Ansichten – radikaler als das vielen älteren Top-Managerinnen und -Manager bewusst ist.

Bittet man die jungen Führungskräfte, zur Radikalität einzelner Aktionen Stellung zu beziehen, teilt sich die Gruppe mehr oder minder in der Mitte: Sind Aktivistengruppen wie Extinction Rebellion oder The Last Generation zu radikal (52 Prozent) oder nicht radikal genug (48 Prozent)? Schaden radikale Protestaktionen dem gesellschaftlichen Wandel (51 Prozent) oder sind gerade sie es, die den Wandel erst möglich machen (49 Prozent)? Darf sich die nachhaltige Transformation über bestehende Regeln und Gesetze hinwegsetzen (47 Prozent) oder muss der Wandel streng innerhalb eines geregelten Rahmens ablaufen (53 Prozent)?

Der Markt wird die Klimakrise nicht von allein regeln

Bei allen Meinungsunterschieden zwischen den etablierten Top-Manager:innen und den aufstrebenden Talenten – in einem Punkt herrscht klare Einigkeit: Ein nachhaltiger Wandel der Wirtschaft wird eher möglich durch Regeln, Gesetze und Marktregulierung als durch den freien Markt oder freiwillige Verhaltensänderungen. Diese Einschätzung teilen 69 Prozent der jungen und sogar 90 Prozent der älteren Führungskräfte.

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vg 08.05.2023