Dior Decupper, Reemtsma, über die Zukunft der Arbeit

Der Arbeitsmarkt bleibt herausfordernd. Mit Dior Decupper, Reemtsma General Managerin Cluster DACH und Vorstandssprecherin, sprach markenartikel über die Zukunft der Arbeit, die Anforderungen an die Unternehmen mit Blick auf Weiterbildung, Generational Leadership und den Kulturwandel bei Reemtsma. In markenartikel 12/23 lesen Sie zudem, wie Gabriele Arend (Vice President Human Capital Development EMEA bei Kao), Torsten Römsch (Geschäftsführer Mast-Jägermeister Deutschland), Christopher Mennekes (Geschäftsführer Mennekes Elektrotechnik) und Christian Metzing (Personalleiter bei Sebapharma) Recruiting und Mitarbeiterbindung angehen und warum Employer Branding dabei immer wichtiger wird.

markenartikel: Welche Erwartungen haben Sie mit Blick auf 2024 und den Arbeitsmarkt: Wie wird sich die Situation entwickeln? 

Dior Decupper: Die Gesamtsituation in unserer Branche wird 2024 sicherlich nicht weniger herausfordernd sein. Das gilt neben der eigentlichen Marktentwicklung in unserer Branche auch für den Arbeitsmarkt als Ganzes. Der Fachkräftemangel wird anhalten und in manchen Bereichen weiter zunehmen. Das stellt noch größere Anforderungen an uns als Unternehmen, die richtigen Rahmenbedingungen zu bieten, um die Talente und Fachkräfte für uns zu begeistern, die wir brauchen. Dafür tun wir schon unheimlich viel und sind damit auch erfolgreich. So haben wir es 2023 geschafft, rund 80 neugeschaffene Stellen in unserem nationalen Kundendienst zu besetzen – in nur wenigen Monaten. Ein Mammutprojekt und ein Riesenerfolg!

markenartikel: Die Anforderungen an die Mitarbeitenden ändern sich dabei. Stichworte wie technosoziale Arbeitswelt, Generational Leadership und KI-Empowerment gewinnen an Relevanz. Wie reagieren Sie im Unternehmen darauf und bereiten die Mitarbeitenden auf die Zukunft der Arbeit vor?

Decupper: Ja, die Anforderungen an Mitarbeitende verändern sich. Gleiches gilt aber auch für die Anforderungen an Unternehmen. Das eine lässt sich nicht ohne das andere betrachten. Performance Management spielt heute auf allen Ebenen bei uns eine deutlich größere Rolle als früher. Unser Ansatz lautet dabei 'high performance, high care'. Wir schauen viel genauer hin, was eigentlich eine gute Performance ist und was unsere Leute brauchen, damit sie diese auch leisten können. Das umfasst neben fachlichen, organisatorischen und strukturellen Fragen explizit auch kulturelle, zwischenmenschliche und emotionale Faktoren. Bei uns heißt das 'Connections' und ist der Kern unseres Kulturwandels bei Reemtsma und Imperial Brands. Dabei handelt es sich aus meiner Sicht oftmals eher um eine Evolution als um eine Revolution.

markenartikel: Können Sie das erläutern?

Decupper: Als moderner, internationaler Arbeitgeber ist es nicht erst heute, sondern schon immer unser Anspruch, allen Mitarbeitenden bestmögliche Arbeitsbedingungen zu bieten. Das heißt, wir sind als Unternehmen ständig gefordert - zu Recht. Nur wenn wir Schlüsseltrends und wichtige Entwicklungen in der Arbeitswelt auch in unserem Learning-&-Development-Angebot widerspiegeln, handeln wir nicht an unserer Unternehmensrealität vorbei.

markenartikel: Was bieten Sie konkret mit Blick auf das Thema Weiterbildung?

Decupper: Nehmen wir das Thema Künstliche Intelligenz. Gerade in den Bereichen Produktion und Supply Chain beschäftigen wir uns permanent mit Zukunftstechnologien hin zu einer 'Factory 4.0'. KI spielt dabei schon länger eine wichtige Rolle. Neu ist, dass wir das Thema seit dem vergangenen Jahr auch verstärkt in die gesamte Organisation tragen. Dafür haben wir klare Guidelines definiert, um alle Mitarbeitenden einzuladen, generative KI-Tools sicher, rechtskonform und konstruktiv zu nutzen und sich damit vertraut zu machen. Im Rahmen unseres 'Next Generation Camps' befasst sich ein eigenes Projektteam zudem mit den Möglichkeiten einer Custom-GPT-Lösung für Reemtsma.

markenartikel: Was genau ist das 'Next Generation Camp'?

Decupper: Das 'Next Generation Camp' ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir uns insgesamt dem Thema Generational Leadership widmen. Dort beschäftigen sich Nachwuchstalente – Azubis, dual Studierende und Graduates – mit strategischen Herausforderungen des Unternehmens und erarbeiten unter dem Sponsorship des Senior Managements agil zukunftsweisende Lösungen. Dabei setzen wir bewusst auf Perspektivenvielfalt und unterschiedliche, sich ergänzende Kompetenzen, Erfahrungshintergründe und auch Erwartungen an uns als Arbeitgeber. Gleiches gilt für unser 'Connected Leadership Team', mit dem wir Ende 2022 einen neuen Weg zur Steuerung unseres gesamten Clusters eingeschlagen haben.

markenartikel: Wie sieht diese neue Steuerung aus?

Decupper: Statt einer Geschäftsleitung der Wenigen ruht die Performance und Entwicklung unseres Länder-Clusters Deutschland-Österreich-Schweiz seither auf den Schultern von rund 45 Personen aus unserem Senior Management. Auch hier geht es uns um Diversität in Expertise, Denken, Handeln und Sozial- und Führungskompetenz. Silos aufzubrechen, effektive Zusammenarbeit zu fördern und Verantwortung stärker aufzuteilen sind dabei zentrale Treiber. Das Ziel ist, dass sich mehr Menschen einbringen, Verantwortung übernehmen und wichtige Richtungsentscheidungen aktiv mitgestalten, anstatt nur zu kaskadieren, zu delegieren und abzuarbeiten. Das schafft mehr Transparenz, besseres Verständnis, mehr Commitment und insgesamt eine deutlich breitere Basis für einen erfolgreichen Kulturwandel bei Reemtsma. Die Zukunft der Arbeit hat bei uns in vielen Bereichen also schon längst begonnen, Gegenwart zu werden.

markenartikel: Auch 2024 wird das Finden neuer Mitarbeiter:innen ein zentrales Thema bleiben. Wie kann es noch gelingen, die richtigen Mitarbeitenden zu finden und auch im Unternehmen zu halten?

Decupper: Aufgrund unserer Branche stehen wir bei der Mitarbeitergewinnung noch einmal vor speziellen Herausforderungen, zumal unsere Branche sich in einer permanenten Veränderung befindet. Unsere Stärke liegt sicherlich im zwischenmenschlichen Bereich, wie wir miteinander zusammenarbeiten. Wir bieten ein Umfeld, das innovationsorientiert ist, und unser 'Challenger Mindset' ist Ansporn, in kompetenten Teams schnell umsetzungsorientierte Lösungen zu entwickeln. Möglichkeiten der Mitgestaltung, Sichtbarkeit, die Honorierung von Leistung, das Feiern von Erfolgen zusammen mit zeitgemäßen Arbeitsbedingungen, vielfältigen Benefits und Nebenleistungen – in diesem Mix sehen wir die richtige Antwort.

markenartikel: Wir halten Sie es mit dem Thema Homeoffice?

Decupper: Sehr progressive Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten im In- und Ausland sowie flexible Arbeitszeitmodelle, um Beruf und Privatleben in Einklang bringen zu können, sind für Mitarbeitende heute sehr wichtige Faktoren. Wir schaffen aber auch konkrete Anreize, damit unsere Mitarbeitenden sich bei uns vor Ort so wohl wie möglich fühlen, effizient arbeiten und jederzeit sie selbst sein können. Denn ich bin auch der festen Überzeugung, dass Kulturwandel nur gelingen kann, wenn Menschen zusammenkommen und ihn aktiv mitgestalten.

markenartikel: Wie sieht es bei Ihnen in punkto Geschlechtergleichstellung aus?

Decupper: Wir sind als Arbeitgeber schon seit vielen Jahren ein Vorreiter in unserer Branche in Sachen Geschlechtergleichstellung. Unser Vorstand ist zu 40 Prozent weiblich besetzt, unser Aufsichtsrat sogar zur Hälfte. Damit lagen wir 2023 sehr deutlich über dem Durchschnitt vieler anderer Unternehmen in Deutschland. Mehr als ein Drittel unserer Beschäftigten in Deutschland ist weiblich, selbst in unserer Produktion in Langenhagen, und sehr viele unserer Führungspositionen sind bereits weiblich besetzt, in unserem Labor in Hamburg beispielsweise zu 50 Prozent. Wir bieten gleiche Bezahlung auch außerhalb tarifvertraglicher Regelungen und fördern junge Mitarbeiterinnen durch Mentoring-Programme für mehr Geschlechtergerechtigkeit oder Mütter und Väter bei ihrer Rückkehr aus der Elternzeit – egal, nach wie vielen Monaten.

markenartikel: Wie wirkt sich dies alles aus?

Decupper: All diese Aspekte zusammen führen dazu, dass, wer erst einmal bei uns ist, in der Regel auch lange bleibt, weil er oder sie merkt, dass das Gesamtpaket sehr gut ist – auch über Branchengrenzen hinweg. Das zeigen auch zahlreiche Auszeichnungen von Reemtsma, unter anderem als Top Employer oder im Rahmen von 'Deutschlands beste Ausbilder'.

markenartikel: Welche Rolle kommt dem Employer Branding bei alledem künftig zu?

Decupper: Eine sehr große. Fakt ist, nahezu alle Unternehmen buhlen um die besten Talente. Nicht nur wir, sondern auch viele andere Firmen bieten viel, um diese von sich zu begeistern. Um als Unternehmen hier positiv aufzufallen und in den Köpfen der Talente hängenzubleiben, gehört Klappern immer mehr zum Handwerk. Ähnlich wie in Bezug auf CSR-Themen gilt auch beim Employer Branding: Tue Gutes und rede darüber! Sonst bleiben viele Stellen weiter unbesetzt. Aber: Dieses Reden darüber, was ein Unternehmen seinen Mitarbeitenden bietet, ist heute nicht mehr nur Sache der Personalabteilung.

markenartikel: Sondern?

Decupper: Alle unsere Mitarbeitenden sind potenzielle Botschafter für uns, mit deutlich mehr Glaubwürdigkeit und Authentizität. Diese individuellen Perspektiven unserer Mitarbeitenden auf ihre eigene Arbeitsrealität, auf unsere Transformation und auf das, was wir als Arbeitgeber bieten, möchten wir 2024 auf verschiedenen in- und externen Kanälen noch deutlich sichtbarer machen – und damit noch attraktiver werden.