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Die Europa-Abgeordneten Prof. Dr. René Repasi (l.), SPD, und Dr. Andreas Schwab (r.), CDU - Quelle: Büro Repasi; Büro Schwab

Die Europa-Abgeordneten Prof. Dr. René Repasi (l.), SPD, und Dr. Andreas Schwab (r.), CDU - Quelle: Büro Repasi; Büro Schwab

Europawahl 2024

Ideen für Europa: Dr. Andreas Schwab, CDU, und Prof. Dr. René Repasi, SPD, im Interview

In Juni steht die Europawahl an. markenartikel spricht im Vorfeld mit EU-Politikern über ihre Pläne und Ziele. Den Anfang machte die CDU-Politikerin Marion Walsmann, seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. In Ausgabe 3/24 beantworteten der CDU-Abgeordneten Axel Voss sowie die FDP-Abgeordnete Svenja Hahn unsere Fragen. Auch die Europa-Abgeordnete Prof. Dr. Angelika Niebler, CSU, erläutert, was sie umtreibt. Für markenartikel 4/24 befragten wir zudem den Europa-Abgeordneten Dr. Sergey Lagodinsky vom Bündnis 90/Die Grünen. In Heft 5/24 lesen Sie nun, wie sich die Europa-Abgeordneten Dr. Andreas Schwab, CDU, und Prof. Dr. René Repasi, SPD, zu Themen wie Künstliche Intelligenz, geistiges Eigentum, Lieferkettengesetz und Co. positionieren:

markenartikel: Juni 2024 findet die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Für die Markenwirtschaft in Deutschland ein wichtiges Datum. Welche Themen treiben Sie hier besonders um?
Prof. Dr. René Repasi: Was mich besonders umtreibt, ist die Frage, wie die Europäische Union weiter ein erfolgreiches Friedens -und Integrationsprojekt bleiben kann und nicht zurückfällt in die chaotische Zeit der Zwischenkriegsdekaden im 20. Jahrhundert. Damals regierten Faschismus und Nationalismus über das Erreichen gemeinsamer Ziele. Denn wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, um wichtige Herausforderungen wie Multilateralismus, Krieg in der Ukraine, Klimawandel und digitale Transformation anzugehen und so zu gestalten, dass weder einzelne Länder noch Regionen oder Personen zurückbleiben. Nur die Europäische Union ermöglicht es den Nationalstaaten, riesige Tech-Unternehmen zu regulieren sowie Normen, Standards und demokratische Werte international so zu etablieren, dass wir alle davon profitieren – egal ob Marke, Wirtschaftsunternehmen oder Verbraucher.
Dr. Andreas Schwab: Dieses Jahr stehen die Themen Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit ganz oben auf der Agenda. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hatte massive Auswirkungen auf den globalen Wettbewerb. Die dadurch ausgelöste Inflation sowie die hohen Energiepreise haben die hiesige Wirtschaft stark geschwächt. Gleichzeitig haben wir in Europa, statt Berichtspflichten zu reduzieren, weitere Compliance-Regelungen und zahlreiche neue Vorschriften zu Produktanforderungen verabschiedet. Diese Belastungen für die Wirtschaft müssen wir schnellstmöglich reduzieren. Investitionen in der EU müssen wieder attraktiv werden, denn nur durch staatliche Investitionen werden wir die grüne und digitale Wende nicht finanzieren können.

markenartikel: Interessant ist, wie Sie in diesem Zusammenhang zum Beispiel die Chancen und Herausforderungen für die Unternehmen durch die nun abgestimmte CSDDD Corporate Sustainability Due Diligence Directive beurteilen. Wie kann bzw. soll es mit der Lieferkettenrichtlinie weitergehen?
Schwab: Die Ratseinigung hat den Text weiter entschärft. Der neue Anwendungsbereich führt dazu, dass circa 60 Prozent der europäischen Unternehmen nicht mehr von den Berichtspflichten in der CSDDD betroffen sind. Leider haben aber die Vollharmonisierung sowie die Überführung der Richtlinie in eine Verordnung keinen Einzug in die Trilog-Einigung gefunden. Mit der gefundenen Regelung wird Gold Plating (Anm. d. Red.: Gold Plating erlaubt es, bei der Umsetzung von EU-Richtlinien nationale Verschärfungen oder Erleichterungen einzuführen) durch die Mitgliedstaaten also weiterhin Vorschub geleistet, was dem Ziel eines Level-playing Fields (Anm. d. Red.: gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle) entgegensteht.
Repasi: Eine europäische Regelung stellt eine riesige Chance für deutsche Unternehmen dar, die das deutsche Lieferkettengesetz bereits umsetzen. Zudem verschafft sie Unternehmen, die bereits nachhaltig und sozial wirtschaften, einen klaren Wettbewerbsvorteil. Dieser gilt nicht nur gegenüber vielen ihrer europäischen Konkurrenten, denen sie aufgrund des deutschen Lieferkettengesetzes einige Jahre voraus sein werden, sondern bedeutet auch eine Stärkung des Qualitätsstandorts Deutschland. Denn auch Verbraucher treffen immer häufiger Kaufentscheidungen auf Grundlage von nachhaltigen und sozialen Kriterien. Nachhaltige Unternehmensführung wird so künftig zum Goldstandard. Scheitern darf es nun nicht an der Umsetzung. Das Europäische Lieferkettengesetz ist eine wichtige Investition in eine zukunftsfähige Europäische Wirtschaft und unterstützt fairen Wettbewerb in Europa.

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markenartikel: Auch der Vorschlag für eine Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist derzeit in der Diskussion. Kritisiert werden allerdings praxisferne Regelungen und neue Belastungen KMU. Welche Chancen, aber auch Risiken sehen Sie nach aktuellem Stand der Verordnung?
Repasi: Ich unterstütze das Vorhaben, Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr durch eine Verordnung mit klaren Zahlungsfristen zu bekämpfen. Hier besteht die Chance, eine Zahlungspraxis zu etablieren, in der mit verlässlichen Zahlungen gerechnet werden kann. Gerade KMU, die in höherem Maße auf regelmäßige und planbare Zahlungsströme angewiesen sind, um ihre Liquidität zu gewährleisten, würden dadurch entlastet. Die geplanten festen Zahlungsfristen können verhindern, dass KMU gezwungen sind, sämtliche Fristvorschläge von Großunternehmen anzunehmen – was bisher, dank Asymmetrien in der Marktmacht, de facto der Fall ist. Mit einer Verordnung werden außerdem europaweit einheitliche Regeln geschaffen, die Rechtssicherheit auch bei grenzübergreifenden Zahlungen gewährleisten.

markenartikel: Und Ihre Einschätzung, Herr Dr. Schwab?
Schwab: Zahlungsverzug im B2B-Bereich ist nur in wenigen Branchen ein tatsächliches Problem in Deutschland. Dort, wo Zahlungsverzug auftritt, liefert das europäische Zivil- und Prozessrecht bereits einen soliden Rahmen, damit Unternehmen ihren Vergütungsanspruch kostengünstig und zügig gerichtlich durchsetzen können. Die Rechtsdurchsetzung erfolgt allerdings nicht in allen Mitgliedsstaaten gleich effizient. Gleichzeitig beklagen Unternehmen Zahlungsverzögerungen seitens der Behörden. Beide Zustände sind jedoch Konsequenzen staatlicher Überlastung und somit nicht durch eine angebliche schwache Zahlungsmoral europäischer Unternehmen verschuldet. Daher stellt der Kommissionsvorschlag einen ungerechtfertigten Eingriff in die unternehmerische Vertragsfreiheit dar. Die Kommission verkennt, dass es in Anbetracht der Besonderheit der einzelnen Branchen kein Patentrezept zur Lösung des Zahlungsverzugs gibt.

markenartikel: Bereits angenommen ist die Richtlinie zum 'Right to Repair' – welche Veränderungen sind für Sie beim Recht auf Reparatur die entscheidenden?
Repasi: Mit dem von mir für das Europäische Parlament verhandelte Recht auf Reparatur erhalten Verbraucher in der EU den Anspruch auf die Reparatur von Waren – in- und außerhalb der Gewährleistungsfrist. Das versetzt Verbraucher künftig in die Lage, nachhaltigere Entscheidungen beim Konsum zu treffen und eben nicht immer eine neue Ware kaufen zu müssen, wenn es Defekte gibt. Mit diesem Weg von der Wegwerfkultur ist ein unabhängiges Verbraucherrecht entstanden, auch wenn es derzeit noch vom Zeitpunkt des Defekts eingeschränkt wird. Wo während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist ein Anspruch auf die Reparatur für Verbraucher besteht, wird dies außerhalb der Gewährleistungsfrist von der inhaltlichen Ausgestaltung durch die Europäische Kommission beschränkt. Denn im Zweifel müssen delegierte Rechtsakte erlassen sein, welche Hersteller zur zeitlich befristeten Bereitstellung von Ersatzteilen verpflichten. Damit ist die Balance zwischen Nutzen für Verbraucher und Wirtschaftlichkeit für die Industrie gewahrt, auch wenn künftig zahlreiche Rechtsakte seitens der Kommission zu erwarten sind.
Schwab: Verlangt der Verbraucher zukünftig die Reparatur eines Produkts während der Zwei-Jahres-Garantie, so profitiert er von der Verlängerung der Gewährleistungsperiode um ein Jahr. Damit würden insgesamt drei Jahre Garantie bestehen. Doch auch nach dem Erlöschen der Garantie hat der Verbraucher in der Zukunft einen Anspruch darauf, dass sein Produkt repariert wird – allerdings nicht umsonst. Außerhalb der Garantie bleibt die Reparatur für den Verbraucher grundsätzlich kostenpflichtig. Leider ist es aber nicht gelungen, die Gewährleistungsrechte in der EU insgesamt zu vereinheitlichen. Bisher haben wir auf EU-Ebene einen bunten Flickenteppich. Das macht es für Hersteller schwierig, die Rechte der Verbraucher EU-weit unkompliziert zu erfüllen.

markenartikel: Derzeit viel diskutiert ist das Thema Künstliche Intelligenz. Wie sehen Sie die EU denn bei ihren Regulierungsvorhaben im Bereich KI aufgestellt?
Schwab: Mit der neuen KI-Regulierung will die EU ihre weltweite Vorreiterrolle im Bereich der Digitalgesetzgebung verteidigen. Wir haben mit der Verordnung ein flexibles und kooperatives digitales Gesetz geschaffen, das einen ständigen Dialog mit den Stakeholdern in Gang setzt.
Repasi: Das nun beschlossene KI-Gesetz widmet sich dem Schutz von Grundrechten und der sicheren Verwendung von Produkten mit Künstlicher Intelligenz. Andere Themenbereiche, für die KI bedeutende Implikationen hat – beispielsweise im Bereich von geistigen Eigentumsrechten –, werden vom KI-Gesetz noch nicht hinreichend beleuchtet, da sie zu spät in der Debatte aufkamen und es starken Widerstand gegen eine Einbeziehung von generativen KI-Modellen gab. Nun, da wir dieses erste Gesetz haben, müssen zügige Implementierung und schnell weitere Regulierungsschritte folgen. Im Bereich geistiger Eigentumsrechte stellt sich die zentrale Frage, wie sich KI-Nutzung in der Generierung von Inhalten auf das Urheberrecht auswirkt. Ob KI selbst geistiges Eigentum innehaben kann, ist bislang eine offene Frage. Auf solche Fragen müssen Antworten gegeben werden, die künftig Rechtssicherheit gewährleisten.

Wie sie das Spannungsfeld Marken, KI und geistiges Eigentum bewerten, welche Chancen und Gefahren sie generell durch KI für Marken sehen, wie Rechtssicherheit für Marken im Zusammenhang mit geistigem Eigentum und KI geschaffen werden kann, inwieweit sie ein 'Zuviel' an Regulierung sehen und welche Maßnahmen aus ihrer Sicht spätestens nach der Europawahl erforderlich sind, damit Marken das Potenzial der neuen Technologie nutzen können und nicht durch übermäßige Regulierung ausgebremst werden, lesen Sie im vollständigen Interview in markenartikel 5/24. Zur Bestellung geht es hier.

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vg 14.05.2024